Zu einer bemerkenswerten Ausstellung im ehemaligen Dominikanerinnenkloster mit Heilig-Geist-Kirche lädt das Museum Ratibor ein. Diese Ausstellung, die am 7. März 2008, am Vorabend von Eichendorffs 220. Geburtstag in der »Stadt des jungen Eichendorff« (wie sich Ratibor zu deutscher Zeit gern nannte) eröffnet und bis zum 27. April gezeigt werden wird, bildet einen glanzvollen Schlussakzent des »Eichendorff-Jahres 2007«, das der »Starosta Raciborski« für seinen Kreis in Erinnerung an den 150. Todestag des großen deutschen Dichters ausgerufen hatte.
Lieber Leser! Was würden Sie sagen, wenn Sie sich zwei Jahre lang intensiv und selbstlos um das Zustandekommen einer Sache bemüht, Hindernisse aus dem Weg geräumt, die Finanzierung geklärt und Mittel eingeworben sowie keinen persönlichen Aufwand gescheut hätten, und dafür bei der Feier des Erfolgs von allen Rednern völlig ignoriert worden wären und nicht den leisesten Dank erhalten hätten? Eine fiktive Frage, wie Sie vielleicht denken mögen? Nein, Ratiborer Realität im Jahr 2008!
Die Ausstellung ist eine mit deutsch-polnischer Beschriftung versehen Faksimile-Ausgabe der großen Eichendorff-Ausstellung, die vom 25. November 2007 bis 17. Februar 2008 im Goethe-Museum Frankfurt am Main mit zahlreichen Originaldokumenten zu sehen war und vom dortigen Freien Deutschen Hochstift zusammen mit der Eichendorff-Gesellschaft veranstaltet wurde; dazu gibt es eine polnisch-sprachige Begleitschrift.
Ermöglicht wurde das Vorhaben (nach vielen ergebnislosen Bemühungen bei den klassischen Zuschussgebern für Projekte dieser Art) durch Mittel der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit in Warschau und eines Unternehmens aus dem bayerischen Weißenhorn, das u. a. in Polen vertreten ist.
Erschienen in:
»Oberschlesien« 4/2008 vom 25. Februar 2008, Senfkorn-Verlag A.
Theisen, Görlitz und St. Annaberg
»SCHLESIEN HEUTE« 3/2008, Senfkorn-Verlag A. Theisen,
Görlitz/Schlesien
»Kulturpolitische Korrespondenz« Nr. 1254 vom 30. März 2008 der
Stiftung Ostdeutscher Kulturrat
Geht man so mit Freunden um?
Enttäuschende Erfahrungen für einen maßgeblichen Förderer der Eichendorff-Ausstellung in Ratibor
So ist es dem aus dem Ratiborer Land stammenden, sich seit Jahren unermüdlich für diese Region und insbesondere die Pflege des Andenkens an den Dichter Joseph von Eichendorff einsetzenden Norbert Willisch (aus Ebersberg bei München) bei der Eröffnung der vom Goethe-Museum Frankfurt am Main ins Ratiborer Museum geholten großen Eichendorff-Ausstellung am 7. März dieses Jahres ergangen. Für diese Taktlosigkeit kann, wie zu sehen sein wird, nicht Unwissenheit vorgeschützt werden. Kein Wunder, dass Herr Willisch mit seiner ihn begleitenden Frau daraufhin - ohne Aufhebens, wie es seiner Art entspricht - dem Museum und der Stadt den Rücken gekehrt hat. Hoffentlich nicht ein Abschied für immer!
Wie kam es überhaupt dazu, dass besagte hochkarätige Eichendorff-Ausstellung in Ratibor gezeigt werden kann? Zu den Details habe ich Herrn Willisch befragt; aus seinen Darlegungen ergibt sich folgendes Bild:
Vor über zwei Jahren, im Januar 2006, erkundigte sich der damalige Präsident der Eichendorff-Gesellschaft, Prof. Gunnar Och, auf Anregung des profunden Eichendorff-Kenners Dr. Franz Heiduk bei Herrn Willisch, ob er aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Eichendorff-Gesellschaft und der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Universität Breslau nicht das Interesse der Universität an der in Zusammenarbeit mit dem Freien Deutschen Hochstift (Goethe-Museum) Frankfurt am Main für das Eichendorff-Gedenkjahr 2007 konzipierten Ausstellung eruieren könne. Dies löste einen umfangreichen Schriftwechsel und viele Gespräche mit der Leitung der Hochschule, dem Institut für Germanistik, dem Präsidenten der vorgenannten Universitätsgesellschaft, dem deutschen Generalkonsul in Breslau, dem Frankfurter Hochstift und möglichen Geldgebern aus. Nach etwa einem Jahr stand indessen fest, dass die Universität Breslau an der Ausstellung zwar interessiert war, es im Hinblick auf einen geplanten eigenen Eichendorff-Kongress aber an der nötigen Kooperation fehlen ließ.
Wollte man an der Idee festhalten, den vor 150 Jahren verstorbenen großen deutschen Dichter schlesischer Herkunft einem interessierten Publikum im heutigen Schlesien näherzubringen, dann musste man sich nach einem anderen Partner umsehen. Herr Willisch nutzte die Einladung der Universität Oppeln zu einer akademischen Feier im März 2007 dazu, mit dem Rektor der Universität Oppeln und dem Direktor des Oppelner Diözesanmuseums sowie im Anschluss daran dem Stadtpräsidenten von Ratibor und der Direktorin des dortigen Museums darüber zu sprechen (letzteres unter Mithilfe des im Nachkriegs-Ratibor aufgewachsenen Filmemachers Josef Cyrus). Alle waren von der Möglichkeit, zum Eichendorff-Jahr eine Ausstellung quasi »geschenkt« zu bekommen, sehr angetan. Den Ausschlag für Ratibor gaben letztlich die Nähe zum Geburtsort Lubowitz des Dichters und die günstigen räumlichen Voraussetzungen im Museum, das im ehemaligen Dominikanerinnenkloster mit Heilig-Geist-Kirche der Stadt untergebracht ist.
Die lange Vorlaufzeit war mit der Einwerbung der nötigen nicht geringen Mittel zur Ausrichtung der Ausstellung ausgefüllt: für Fotoarbeiten und die Herstellung von Faksimiles der Frankfurter Originale, die Übersetzung der erklärenden Texte ins Polnische, den Druck der Texte (Schilder und Ausstellungskatalog), den Druck von Plakaten und Einladungen sowie deren Versand, den Transport des Ausstellungsgutes sowie Fahrt- und Übernachtungskosten des für den Auf- und Abbau der Ausstellung verantwortlichen Fachpersonals aus Frankfurt am Main. Das erforderliche Geld konnte erst nach zahlreichen Fehlschlägen - u. a. beim Haus des Deutschen Ostens in München, bei der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes, beim Deutschen Akademischen Austauschdienst, beim Institut für Auslandsbeziehungen, bei der Robert-Bosch-Stiftung, beim Goethe-Institut Warschau - von der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit mit Sitz in Warschau erlangt werden. Hilfreich war dabei die Unterstützung durch den Breslauer Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland.
Diese Finanzierungsmöglichkeit wurde den Museen in Ratibor und Frankfurt sozusagen auf silbernem Tablett präsentiert. Außerdem hat Herr Willisch an der zeitkritischen Online-Erstellung des Zuschussantrags mitgewirkt; bei der erforderlichen polnischsprachigen Fassung des Antrags konnte er sich dankenswerterweise auf die kollegiale Hilfe des von der Stiftung Kulturwerk Schlesien in Würzburg her bekannten Prof. Eugeniusz Klin, Emeritus der Universität Grünberg/Zielona Góra, stützen. Ebenfalls auf Vermittlung von Herrn Willisch besorgte eine nahe Frankfurt lebende, perfekt Deutsch sprechende Polonistin und Eichendorff-Kennerin innerhalb eines denkbar knappen Zeitfensters die Übersetzung der Texte für die Beschilderung der Ausstellung und die Begleitschrift dazu. Ferner hat er es eingefädelt, dass der deutsche Generalkonsul aus Breslau zur Ausstellungseröffnung ein Grußwort sprach, und erwirkt, dass ein nobler Sponsor die durch die Bewilligung nicht gedeckten Kosten übernimmt. Neben vielen anderen Adressaten hat Herr Willisch auch mich für die Einladung zur Ausstellungseröffnung vorgeschlagen und darüber hinaus zahlreiche Einladungen selbst verschickt sowie in mehreren deutschen Zeitschriften die bis Ende April (über Ostern!) zu sehende Ratiborer Ausstellung annonciert.
Lassen wir zum Schluss Herrn Willisch selbst zu Wort kommen:
Die für die Frankfurter und die Ratiborer Eichendorff-Ausstellung verantwortliche Kustodin - dies sei zu ihrer Ehrenrettung gesagt - hat inzwischen von sich aus ihr Verhalten bei der Eröffnungsfeier bedauert und Überlegungen angestellt, ob es sinnvoll wäre, auf …[meinen] Beitrag, der ja natürlich ganz grundlegend war, auf der Tafel in der Ausstellung selbst hinzuweisen« (Zitat). Die Repräsentanten von Ratibor Stadt und Land sowie die Museumsleiterin, die zur Ausstellungseröffnung das Wort ergriffen haben, scheinen von solchen Skrupeln nicht geplagt zu sein; ihnen ist offenbar nicht bewusst, welch abschreckendes Beispiel sie damit für künftige Initiativen gutwillig gesinnter Deutscher zugunsten ihrer ehemaligen ostdeutschen Heimat geben. Oder offenbart sich darin etwa die Einstellung, dass die deutschen Vertriebenen ihre »Schuldigkeit« mit der Anbahnung von Kontakten zur westlichen Welt und der Geldbeschaffung getan haben - nach dem Motto: »Der Mohr hat seine Schuldigkeit [resp. Arbeit] getan, der Mohr kann gehen«? Gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit lassen sich nicht unter Ausschluss der auf vielfältige Weise mit dem Land ihrer Herkunft verbundenen Deutschen verwirklichen.
Ingeborg Gräfin von Pfeil (Norbert Willisch)
Erschienen in:
»Oberschlesien« 7/2008 vom 15. April 2008, Senfkorn-Verlag A.
Theisen, Görlitz und St. Annaberg