Am 22. Juni wird eine szenische Aufführung der Novelle »Aus dem Leben eines Taugenichts« vor der Ruine des Eichendorff-Schlosses in Lubowitz zu sehen sein; tags darauf, am 23. Juni, wird die Aufführung im Park des Schlosses von Groß Stein bei Oppeln wiederholt. Die Wahl dieses Ortes hat auch mit dem in Groß Stein geborenen und verehrten hl. Hyazinth zu tun, dessen 750. Todestag in diesem Jahr dort feierlich begangen wird. Die Aufführungen wurden so terminiert, dass sie auch von Schülern der umliegenden Lyzeen, die die von der Stiftung Kulturwerk Schlesien im Jahr 2003 herausgegebene deutsch-polnische Ausgabe des »Taugenichts« jeweils als Klassensatz erhalten haben, vor Anbruch der in Polen bereits Ende Juni beginnenden Sommerferien besucht werden können. Wie bei der erstmaligen Aufführung vor vier Jahren in Lubowitz wird der Münchner Schauspieler Gerd Lohmeyer die tragende Rolle spielen; die Suche nach der geheimnisvollen »schönen gnädigen Frau« Aurelie — diesmal dargestellt von Lisa Charlotte Friederich, die das Spiel auch gesanglich und mit dem Cello begleitet — führt ihn bis nach Rom und zurück auf ein Schloss bei Wien. Die Vorstellungen beginnen jeweils um 21 Uhr und dauern ca. 1 ½ Stunden; der Eintritt ist frei. Fördermittel stellen das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) in Stuttgart und das Haus des Deutschen Ostens (HDO) in München zur Verfügung.
Einladungsschreiben an oberschlesische Lyzeen mit intensivem Deutsch-Untericht vom 25. April 2007:
Norbert Willisch • Ringstraße 82 • D-85560 Ebersberg
Liceum Ogólnokształcące
ul. …
Opole, Dobrzeń Wielki, Krapkowice, Koźle, Strzelce Opolskie, Olesno
Racibórz, Gliwice, Zabrze
Szenische Aufführung der Novelle »Aus dem Leben eines Taugenichts« von Joseph von Eichendorff in Lubowitz/Łubowice (bei Ratibor/Racibórz) und Groß Stein/Kamień Śląski (bei Oppeln/Opole)
Sehr geehrte Frau / sehr geehrter Herr Direktor …,
vor zwei1 bzw. vier2 Jahren habe ich Ihnen einen Klassensatz der zweisprachigen (dtsch.-poln.) Ausgabe der Novelle »Aus dem Leben eines Taugenichts – Z życia nicponia« des in Oberschlesien geborenen deutschen Dichters Joseph von Eichendorff zukommen lassen. Damit sollte das berühmte Werk interessierten Schülerinnen und Schülern zugänglich gemacht werden; möglicherweise wurde darüber auch einmal im Rahmen des Deutsch- oder Literaturunterrichts gesprochen.
Eichendorff, ein Zeitgenosse des polnischen Nationaldichters Adam Mickiewicz, ist auf den Tag genau zwei Jahre nach ihm gestorben; sein Todestag jährt sich in diesem Jahr zum 150. Mal. Aus diesem Anlass wird eine szenische Bearbeitung des »Taugenichts« – mit Münchner Schauspielern – im Schlosspark von Lubowitz und vor dem Schloss in Groß Stein zur Aufführung gebracht (für Ausweichquartiere bei schlechtem Wetter ist Sorge getragen). Das Stück war schon einmal, im August 2003, im Geburtsort Lubowitz des Dichters zu sehen und hatte großen Zuspruch und ein positives Medienecho gefunden. Ich möchte Sie rechtzeitig auf die beiden diesjährigen Aufführungstermine, den 22. Juni in Lubowitz und den 23. Juni in Groß Stein, Beginn jeweils um 21 Uhr, hinweisen und bitten, in geeigneter Weise auf die Vorstellungen aufmerksam zu machen und ihren Besuch eventuell zu empfehlen. Die Vorstellungen wurden so terminiert, dass sie auch von Schülern vor Aufbruch in die Sommerferien (die in Polen ja schon Ende Juni beginnen) besucht werden können. Dies ist mir ein besonderes Anliegen.
Schönen Dank und freundliche Grüße
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mit Begleitschreiben des Bayerischen Staatsministeriums
1 für Unterricht und Kultus (an die Lyzeen in Olesno und Zabrze) bzw.
2 für Wissenschaft, Forschung und Kunst in München (an die anderen o. g. Lyzeen)
Szenische Aufführungen des »Taugenichts« in Lubowitz und Groß Stein
Als Beitrag zum Eichendorff-Jahr 2007 – dem 150. nach Eichendorffs Tod im oberschlesischen Neisse – wurde eine Bühnenfassung seiner berühmten Novelle »Aus dem Leben eines Taugenichts«, die vor vier Jahren schon einmal in Lubowitz, dem Geburtsort des Dichters bei Ratibor, zu sehen war, dort erneut zur Aufführung gebracht sowie ein weiteres Mal vor dem Schloss Groß Stein bei Oppeln. Für die Aufführungen (unter der Regie von Wolfgang Bauschmid) konnte wieder der den Taugenichts grandios verkörpernde Münchner Schauspieler Gerd Lohmeyer gewonnen werden; die Rolle der »holden Frau« Aurelie spielte diesmal die junge Heidelbergerin Lisa Charlotte Friederich, die zuletzt am Landestheater Linz engagiert war; für die Requisiten und die Beleuchtung sorgte Bernhard Gross. Die Vorstellungen wurden am 22. und 23. Juni 2007 angesetzt, zum Schuljahrsende in Polen, um auch Schülern der umliegenden Lyzeen einen Besuch zu ermöglichen. Diese Schulen hatten die 2003 von der Stiftung Kulturwerk Schlesien herausgegebene (vom Freistaat Bayern finanzierte) deutsch-polnische Ausgabe des »Taugenichts« in den letzten Jahren jeweils als Klassensatz erhalten und waren zusätzlich auf die Termine hingewiesen und gebeten worden, die Information an ihre Schüler weiterzugeben. Die davon erhoffte Wirkung blieb leider aus; auch zehn der elf angeschriebenen Schulen ließen jedwede Reaktion vermissen… Den Veranstaltungen, insbesondere der in Lubowitz, wurde dennoch lebhaftes Interesse der örtlichen Bevölkerung entgegengebracht – vorwiegend aufgrund der ausgehängten Plakate und der Ankündigung in den Medien.
Dabei musste die Vorstellung in Lubowitz vor einem drohenden Gewitter kurzfristig aus dem Schlosspark in eine nahegelegene Halle verlegt werden – dies, obwohl es den ganzen Tag über wieder nach dem sprichwörtlich schönen »Eichendorff-Wetter« ausgesehen hatte, das Veranstaltungen in Lubowitz bisher immer auszeichnete. Durch den Umzug und die nötigen Installationen wurde die Geduld der Zuschauer auf eine harte Probe gestellt. Hinzu kam, dass das behelfsmäßige Bühnenpodest nur eingeschränkte Sicht erlaubte und die Schauspieler alle Mühe hatten, den auf das Blechdach prasselnden Regen zu übertönen. Trotzdem blieben alle bis zum Schluss und brachten durch ihren Applaus die Erleichterung über den zuletzt nachgelassenen Regen und den guten Ausgang des Stücks (das bekanntlich in dem Ausruf endet »…und es war alles, alles gut!«) sowie den Dank für die Leistung der Akteure zum Ausdruck, deren traumhaft entrücktes Spiel die widrigen Umstände zeitweise ganz vergessen ließ. »Kein andres Volk hat solch Buch. Ein Buch aber, in dem sich vor einem, auf wenigen Blättern und mit der Naivität eines Märchens, die tiefsten Seiten unseres Lebens erschließen.« schrieb einst der weltläufige Theodor Fontane über den »Taugenichts«; und Thomas Mann sah in der Schönheit des Taugenichts nichts weiter als ein Durchschimmern seiner Gotteskindheit.
Für die Wahl von Groß Stein als weiteren Aufführungsort sprachen mehrere Gesichtspunkte. Der Ort liegt zum einen inmitten des von vielen Deutschen bewohnten Oppelner Landes. Im dortigen Schloss, das im wesentlichen aus Mitteln der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit wiederaufgebaut wurde und nunmehr der Diözese Oppeln als Tagungszentrum dient, wurde andererseits der hl. Hyazinth (polnisch Jacek) geboren, der Patron der oberschlesischen Kirchenprovinz (und einer der Schutzheiligen Polens); das Sanktuarium im Schloss zieht viele Pilger an – besonders in diesem Jahr, da sich der Todestag des Heiligen zum 750. Mal jährt. Mit der Aufführung des »Taugenichts« an diesem Ort sollte außerdem dem geistlichen Oberhirten der Diözese Oppeln, Erzbischof Prof. Dr. Alfons Nossol, der vor 30 Jahren am Gedenktag des hl. Hyazinth die Bischofsweihe empfing, zum bevorstehenden 75. Geburtstag eine besondere Freude gemacht werden – zumal er sein Amt mit diesem Tag in jüngere Hände zu legen gedachte (seinem Ersuchen gab der Papst, wie wir mittlerweile wissen, jedoch nicht statt). Der junge Nossol ist in der schwierigen Zeit nach dem Krieg in Neisse zur Schule gegangen und hat sich schon damals, als es keineswegs opportun war, um das Grab Eichendorffs gekümmert. Amtspflichten hinderten den jetzigen Erzbischof daran, eine der vorangegangenen Aufführungen des »Taugenichts« zu besuchen. An dem für die Aufführung in Groß Stein vorgesehenen Tag beging er – eine schöne Fügung – sein Goldenes Priesterjubiläum. Zum Abschluss dieses Tages, den er zusammen mit seinem Weihejahrgang in Oppeln gefeiert hatte, kam er zur abendlichen »Taugenichts«-Aufführung nach Groß Stein und mit ihm etliche Geistliche.
Glücklicherweise gab es auf der Schlossterrasse ein Zeltdach und ein als Bühne zu nutzendes Altarpodest; sie waren von dem Gottesdienst stehengelassen worden, der eine Woche zuvor zum Abschluss der in Groß Stein – im Gedenken an den hl. Hyazinth – zusammengetretenen polnischen Bischofskonferenz gefeiert wurde. Das Dach über dem Kopf hielt denn auch den einen oder anderen Regenschauer ab. Der Regen hatte indessen auch sein Gutes, denn er ließ zur rechten Zeit die Musikkapelle, die in dem benachbarten Touristik-Erholungs- und Rehabilitationszentrum lautstark zu spielen begonnen hatte, verstummen. So konnte man sich ganz dem in helles Licht gehüllten Geschehen auf der Bühne, dem munteren Gefiedel des Taugenichts sowie den einschmeichelnden Gesangeinlagen mit Cellobegleitung der »vielschönen Fraue« hingeben. Das Spiel ging zum Ergötzen des Publikums schließlich mit einem kleinen Feuerwerk zu Ende – getreu der »Regieanweisung« des Dichters, wonach »Leuchtkugeln … vom Schloss durch die stille Nacht und die Gärten« um das sich glücklich gefundene Paar zu fliegen haben.
Erzbischof Nossol sprach den Schauspielern und den unsichtbar hinter ihnen stehenden Promotoren im Namen aller, denen es vergönnt war, in diesen »Jungbrunnen der Gefühle« einzutauchen, Dank und Anerkennung aus. Die verständnisvollen Geldgeber, die die Veranstaltungen in Groß Stein und Lubowitz ermöglicht haben, sind das Münchener Haus des Deutschen Ostens und das Stuttgarter Institut für Auslandsbeziehungen.
Erschienen in:
»Schlesischer Kulturspiegel« 3/2007 der Stiftung Kulturwerk Schlesien, Würzburg