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Lebensbild '93
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Ferienaufenthalt
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Denkmal in Lubowitz
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Taugenichts-Ausgabe
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Taugenichts-
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Geburtstagsfeier '04
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Cöthen
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Gedenktafel in Breslau
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Taugenichts-
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Ausstellung zum
150. Todestag

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Gedenkplatte in
Lubowitz

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Denkmal in Breslau
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»Rückkehr« Eichendorffs an die
Universität Breslau

Unter dem 8. Oktober 1801 notiert der 13-jährige Baron Joseph von Eichendorff in sein elf Monate zuvor begonnenes Tagebuch: nach Breslau gekommen; und tags darauf: das erstemal im Convict geschlafen. Am 16. Oktober heißt es da: das erstemal in der Schule gewesen; und einen Monat später: das erstemal als Student in der Aula gewesen. Bei dem Convict handelt es sich um das Josephskonvikt, bei der Schule um das seinerzeit noch im Gebäude der Universität untergebrachte Königl. Katholische Gymnasium zu Breslau (das ehemalige Jesuitenkolleg und spätere Matthias-Gymnasium), bei der Aula um die berühmte Aula Leopoldina. Dazwischen, am 6. November, schreibt Eichendorff in einem Brief an den jungen Diener Joseph (Sonntag) in Lubowitz: Mir gefällt es jetzt schon so ziemlich im Convikt, doch an Lubowitz darf ich gar nicht denken!

Joseph von Eichendorff und sein Bruder Wilhelm besuchten vom Oktober 1801 bis August 1803 die beiden letzten Klassen (Klassen 5 und 6) des Gymnasiums und wohnten noch ein weiteres Jahr im Josephskonvikt – unterbrochen nur von den jeweils in Lubowitz verbrachten Ferien. Zum Schulabgang, am 18. August 1803, wurde das einhundertjährige Bestehen der Katholischen Universität Leopoldina aufwendig gefeiert, worüber Eichendorff im Tagebuch ausführlich berichtet. Zu der Jubelfeier verfaßte er im Auftrag seines Lehrers Anton Raths­mann auch ein Gedicht. Vom 19. Oktober 1803 bis 25. März 1805 studierten die Brüder Eichendorff an der Philosophischen Fakultät der Leopoldina und hospitierten im letzten halben Jahr am evangelischen Maria-Magdalenen-Gymnasium. Wie ein roter Faden ziehen sich die Eintragungen über ständige Theaterbesuche (In der Commedie gewesen) durch das Tagebuch. Im Konvikt wurde auch selbst Theater gespielt (meist unter Josephs Mitwirkung), Bälle wurden veranstaltet und fröhliche Gelage (bezeichnenderweise Conditionen genannt) gehalten. Es muß eine glückliche Zeit gewesen sein, die die Brüder Eichendorff im Josephskonvikt erlebten. Zuweilen ist aber auch von matter oder schwartzer Bangigkeit die Rede, die den »Convictor« befällt, insbesondere nach dem Fasching und anderen Lustbarkeiten, vor nahenden Exa­men und nach dem Tod eines Freundes.

Im Jahr 2004 schlug ich dem Rektor der Universität Breslau, Prof. Zdzislaw Latajka, vor, an Eichendorffs im Josephskonvikt verbrachte Schul- und Studienzeit durch eine Tafel zu erinnern. Das Gebäude gehört zur Universität und beherbergt jetzt das Dekanat der Naturwissenschaftlichen Fakultät und das Institut für An­thropologie der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Der Vorschlag fand Anklang beim Rektor; mein diesbezüglich an ihn gerichtetes Schreiben wurde auch in der deutschen Ausgabe der Vierteljahresschrift der Universität Wroclaw, dem »Akademischen Kaleidoskop« (Nr. 3/2004), abgedruckt.

Und so konnte darangegangen werden, einen geeigneten Platz für eine solche Tafel am Bauwerk zu bestimmen, einen Entwurf zu erarbeiten und mit der Hochschule abzustimmen, die Einwilligung des Denkmalschutzamtes zu erwirken und einen Steinmetz zu beauftragen. Auch das Einverständnis des im September 2005 ins Amt gekommenen neuen Rektors Prof. Leszek Pacholski zum Vorhaben blieb abzuwarten. Man verständigte sich rasch auf den Steinmetz, der schon eine im Dezember 2004 links vom Gebäudeportal angebrachte Gedenktafel für Edith Stein geschaffen hatte, und auf den rötlich-braunen Granit dieser Tafel. Die meinerseits gefertigte Arbeitsvorlage für den Steinmetz beinhaltet eine zweisprachige (polnisch-deutsche) Beschriftung mit folgendem deutschen Text:
DER DICHTER / JOSEPH VON EICHENDORFF / (1788-1857) / WOHNTE HIER VON 1801 BIS 1804 / ALS GYMNASIAST UND STUDENT DER LEOPOLDINA. Außerdem sollte das Bronzerelief Joseph von Eichendorffs aus dem 47-teiligen Zyklus schlesischer Dichter und Philosophen des Malers und Bildhauers Walter Kalot verwendet werden; die Witwe des Künstlers hat für diesen Zweck einen Abguß zur Verfügung gestellt.

Die Gedenktafel wurde am 30. November 2005 an der Hauptfassade des Gebäudes (Schmiedebrücke/Kuznicza 35) zwischen den beiden linken erdgeschoßigen Fenstern angebracht, d.h. ins dortige Bossenwerk des stattlichen Barockbaus eingefügt; das Reliefbildnis Eichendorffs ist zu der dem hl. Namen Jesu geweihten Matthias-Universitäts­kirche auf der anderen Seite der Universitätsstraße/ Uniwersytecka gewandt, in der er (am 28. Juni 1802) gefirmt wurde. Ein dem Dichter gewidmeter Vortrag des Emeritus der Ludwig-Maximilians-Universität München und Präsidenten der Alexander von Humboldt-Stiftung, Prof. Dr. Wolfgang Frühwald, der im letzten Jahr zum ausländischen Mitglied der Polnischen Akademie der Wissenschaften gewählt wurde, wird im Frühjahr 2006 folgen. Vielleicht gelingt es auch, die im 150. Todesjahr Eichendorffs (2007) von der Eichendorff-Gesellschaft in Zusam­menarbeit mit dem Freien Deutschen Hochstift Frankfurt am Main (Goethe-Haus) geplante Gedenkausstellung unter dem Titel »Eichendorff wieder- finden« an der Universität Breslau zu zeigen.




Erschienen in:
»Schlesischer Kulturspiegel« 1/2006 der Stiftung Kulturwerk Schlesien, Würzburg

»Hefte für Kultur und Bildung« 1/2006, Nr. 50 des Joseph von Eichendorff-Konversatoriums in Oppeln (zweisprachig
deutsch und polnisch)



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