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Redeentwürfe/Reden
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Rede anlässlich der Grundsteinlegung für den Neubau des Leibniz-Rechenzentrums der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Garching am 26. März 2004

(Entwurf für den Bayerischen Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst Dr. Thomas Goppel)




Anrede

»Altes Fundament ehrt man«, sagt Goethe, und fährt fort »darf aber das Recht nicht aufgeben, irgendwo wieder einmal von vorn zu gründen«. Häufig ist es nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht, sich rechtzeitig von Althergebrachtem zu lösen und Neues zu wagen. So im vorliegenden Fall. Lassen Sie mich aber zunächst kurz bei den alten Fundamenten verweilen.

36 Jahre ist es jetzt her, dass – ebenfalls im hoffnungsfrohen Monat März – mit den Arbeiten zur Errichtung eines Gebäudes für das gemeinsame Rechenzentrum der Münchner Universitäten auf dem sog. Bunkergelände der Technischen Hochschule gegenüber der Alten Pinakothek begonnen wurde. Dieses Rechenzentrum war nur wenige Jahre zuvor unter dem »Dach« der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, mit kräftigem Beistand des Ministeriums, zustande gekommen und bald darauf – welcher Anspruch – nach dem Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz, dem Konstrukteur der ersten vollmechanischen Rechenmaschine (die alle vier Grundrechenarten beherrschte), benannt worden. Schon Ende jenes bewegten Jahres 1968 konnte Richtfest für den Neubau in der Barer Straße gefeiert werden. Die Einladung dazu erging vom damaligen Kultusminister Ludwig Huber zusammen mit dem Akademie-Präsidenten Robert Sauer.

Ein Zeitzeuge aus jenen Tagen ist auch heute anwesend, und ich begrüße ihn besonders herzlich: Herr Professor Friedrich Bauer, damals Ständiger Sekretär der »Kommission für Elektronisches Rechnen« der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, des auch heute noch unter dem Namen »Kommission für Informatik« bestehenden Aufsichtsgremiums über das Rechenzentrum. Ihm (der in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag begehen wird) ist zu verdanken, dass zu jener Zeit (im Wintersemester 1967/68) an der TH München als erster deutscher Hochschule ein Studiengang »Informationsverarbeitung« angeboten wurde, in dem das Rüstzeug für den sinnvollen Gebrauch der Computer vermittelt wird; für dieses Fach setzte sich wenig später die Bezeichnung »Informatik« durch.

[Die eine oder andere an der Ausrichtung der damaligen Feier beteiligte Person muss es schon heftig nach Garching gezogen haben, denn der Richtschmaus, der bei einer solchen Feier nicht fehlen darf, fand in Garching statt – in der Gaststätte Neuwirt.]

In den seinerzeitigen Neubau des Leibniz-Rechenzentrums zog ein Spitzenprodukt deutscher Rechnerentwicklung, eine Anlage TR 440 von Telefunken, mit ein.

Nach dem Blick in die Vergangenheit wieder zurück zur Gegenwart. Auch der jetzige Neubau ist dazu bestimmt, einen neuen großen Rechner aufzunehmen – so groß, auch von seinen klimatechnischen Anforderungen, dass er die baulichen Gegebenheiten am alten Standort sprengt. Das Leibniz-Rechenzentrum ist ja inzwischen nicht mehr nur gemeinsames Rechenzentrum der Münchner Hochschulen, sondern darüber hinaus bayerisches Hochleistungs- und nationales Höchstleistungsrechenzentrum. Dieser erweiterten Aufgabenstellung entsprechend soll es, wie erstmals im Jahr 2000 (damals gegen eine große »Koalition« norddeutscher Länder), einen der leistungsstärksten Rechner weltweit erhalten. Der Wissenschaftsrat hat sich bereits im letzten Jahr dafür ausgesprochen, 2005 einen wiederum zur deutschlandweiten Nutzung vorgesehenen Höchstleistungsrechner neuester Bauart anzuschaffen, und dabei auch den erfolgreichen Betrieb des vorhandenen Systems gewürdigt. Seit Anfang des Monats steht nunmehr endgültig fest, dass die Beschaffung – ebenso wie das Rechenzentrumsgebäude – im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau zur Hälfte vom Bund mitfinanziert wird. Welches Produkt dafür in Frage kommt, muss eine noch in diesem Jahr durchgeführte Ausschreibung ergeben; sie wird auch zeigen, ob mit den eingeplanten 38 Mio. € die angestrebte Leistungssteigerung um den Faktor 15 bis 20 gegenüber dem vorhandenen System zu erreichen sein wird.

Bei aller Begeisterung für die neuesten technischen Errungenschaften darf nicht aus dem Auge verloren werden, dass letztlich der Mensch Maß aller Dinge ist. Den am alten Standort des Leibniz-Rechenzentrums beengt und teilweise in Behelfsbauten untergebrachten Beschäftigten werden wieder arbeitsadäquate Räumlichkeiten zur Verfügung stehen; und auch die den Rechner und die sonstigen Einrichtungen des Rechenzentrums nutzenden Wissenschaftler und Studenten werden bessere Möglichkeiten zum Forschen und Lehren, Lernen, Üben, für Begegnungen und den Austausch von Erfahrungen vorfinden. Zur Zeit ist das Garchinger Hochschul- und Forschungsgelände zwar nur mit erheblichem Zeitaufwand zu erreichen, doch die U-Bahn-Anbindung wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Als äußerst günstig erweist sich abermals die Nachbarschaft zu der nach Garching vorausgegangenen Mathematik und Informatik, ferner zum Maschinenbau, zur Physik und Chemie sowie zu den Forschungseinrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft. Mit letzteren steht die Hochschulseite in regem Arbeitskontakt und praktiziert schon jetzt einen beiden Seiten dienlichen Austausch von Rechenzeiten. Der Wirkungsbereich des Rechenzen­trums ist jedoch nicht auf sein unmittelbares Umfeld beschränkt, sondern erstreckt sich mit Hilfe eines breitbandigen Datennetzes auf die ganze Münchner Region sowie auf alle Hochschulen des Landes und darüber hinaus.

Mit dem neuen Gebäudekomplex, der vorgesehenen neuen maschinellen Ausstattung und dem exzellenten Fachpersonal wird das Leibniz-Rechenzentrum seine Stellung als Zentrum der Exzellenz auf dem Gebiet des wissenschaftlichen Rechnens festigen können und ein wichtiges Element in dem zu knüpfenden landes- und deutschlandweiten Elitenetzwerk des Lehrens und Forschens darstellen. Wie der Wissenschaftsrat in seiner Stellungnahme vom 23. Mai 2003 zur hiesigen Rahmenplananmeldung feststellt, ist »die Verfügbarkeit von Höchstleistungsrechnern ... ein entscheidender Standortfaktor im internationalen Wettbewerb in Wissenschaft und Forschung. Mit Hilfe von Höchstleistungsrechnern wurden in den zurückliegenden Jahren in zahlreichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen wissenschaftliche Durchbrüche erzielt, die auf Rechnern niedrigerer Leistungsklasse nicht möglich gewesen wären«. Das Instrumentarium dafür ist die numerische Simulation komplexer technischer und naturwissenschaftlicher Prozesse mit Hilfe mathematischer Modelle – statt aufwendiger Experimente. Große Fortschritte konnten so beispielsweise in der Elementarteilchenphysik, der Geo- und Astrophysik, der Materialforschung und Strukturmechanik, der Strömungsdynamik, der Klima- und Umweltforschung ... erzielt werden. Mit dem neuen Rechner bekommen Forscher aus ganz Deutschland ein Instrument in die Hand, mit dem sich die Grenzen der Erkenntnis durch realitätsnähere Simulationen wiederum ein Stück weit hinausschieben lassen werden – neuerdings verstärkt in der Chemie und Biologie sowie in dem weiten Spektrum der Life Sciences.

Am Neubau des Leibniz-Rechenzentrums und seiner Ausstattung mit dem neuesten Supercomputer wird trotz einschneidender Sparzwänge im Land, vor allem im Hochschulbau, festgehalten. Dies ist als Zeichen dafür zu sehen, wie ernst es dem Freistaat Bayern ist, den Wissenschaftsstandort Bayern und Deutschland hochzuhalten. In Verbindung damit streben wir auch eine Fortsetzung des in den letzten Jahren mit 4 ½ Mio. € geförderten »Kompetenznetzwerks für technisch-wissenschaftliches Hoch- und Höchstleistungsrechnen« KONWIHR an. Durch diese Förderung konnte eine personelle Basis für die effiziente und umfassende Nutzung des Höchstleistungsrechners im Land auf vielen Wissensgebieten geschaffen werden. Ein stattlicher Band »High Performance Computing in Science and Engineering« dokumentiert die Ergebnisse der bisherigen Arbeiten, ein zweiter befindet sich in Vorbereitung. Die künftigen Bemühungen sollten auf einige wenige »Leuchtturmprojekte« auf bedeutsamen Forschungsfeldern konzentriert werden. Unabhängig davon, ob und wann zusätzliche Mittel dafür bereitstehen werden, rufe ich schon jetzt alle dazu auf, die Gunst der Stunde zu nutzen, bald wieder einen Rechner der absoluten Spitzenklasse im Land zu haben, und die eigenen Forschungsanstrengungen auf solche Leuchtturmprojekte auszurichten und in Kooperation mit der Informatik und – wo möglich – der Industrie anzugehen.

Ich komme zum Schluss und möchte an dieser Stelle – allen voran meinem Kollegen Finanzminister – dafür danken, dass er dieses zukunftsweisende Projekt der Verlagerung des Leibniz Rechenzentrums aus der Münchner Innenstadt auf den Garchinger Campus mitgetragen hat, und ihn um weiteres Verständnis für die mit der Rechnerbeschaffung zusammenhängenden Anliegen bitten. Das Leibniz-Rechenzentrum hat, wie ich weiß, sich über mehrere Jahre hinweg schon einiges dafür abgespart; insofern sollte es leichterfallen, noch etwas draufzulegen. Dem Leibniz-Rechenzentrum und seiner Führung sowie der Kommission für Informatik der Bayerischen Akademie der Wissenschaften danke ich für die weitsichtige Planung und die konsequente Verfolgung des als richtig und wichtig erkannten Ziels. Sehr geehrter Herr Präsident Nöth, wir werden uns alle Mühe geben, damit Sie – von dem die Einladung zu dieser Feier und zur anschließenden Labung ausgeht – es nicht zu sehr werden bedauern müssen, dieses Projekts wegen eine weitere, dritte Amtszeit auf sich genommen zu haben. Ein herzliches Dankeschön nicht zuletzt an die Leitung der Universität und der Technischen Universität München dafür, in dieser Sache beharrlich am gleichen Strang (in die gleiche Richtung) gezogen zu haben. Ein kleiner Vorschuss an Dank gebührt schließlich auch jetzt schon den Leuten vom Bau (wenn ich das so flapsig sagen darf) für die nicht leichte Planung und die zügige Bauvorbereitung.

Nun aber halte ich's mit dem Direktor im Vorspiel auf dem Theater von Goethes Faust und meine (durchaus selbstkritisch):

Der Worte sind genug gewechselt,
laßt mich auch endlich Taten sehn!
Indes ihr Komplimente drechselt,
kann etwas Nützliches geschehn.


Euch ist bekannt, was wir bedürfen,
wir wollen stark Getränke schlürfen;
nun braut mir unverzüglich dran!

Was heute nicht geschieht, ist morgen nicht getan,
und keinen Tag soll man verpassen,
das Mögliche soll der Entschluß
beherzt sogleich beim Schopfe fassen...




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