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Ansprache anlässlich der Einweihung des Zentrums für Höchstleistungsrechnen am Leibniz-Rechenzentrum München der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
am 28. Juni 2000
(Entwurf für den Bayerischen Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst Hans Zehetmair)
Anrede
»THEORIA CUM PRAXI«, so lautete der Leitspruch von Gottfried Wilhelm Leibniz, der Großes in der Wissenschaft und ihrer Anwendung auf praktische Fragestellungen geleistet hat – Letzteres beispielsweise durch die Konstruktion der ersten Rechenmaschine, die alle vier Grundrechenarten mechanisiert auszuführen gestattete. Das selbe Anliegen, Theorie und Praxis miteinander zu verbinden, ließ ihn auch zum Begründer der Brandenburgischen Societät resp. Akademie der Wissenschaften zu Berlin vor genau 300 Jahren werden, der die anderen derartigen Einrichtungen im deutschen Sprachraum nachfolgten. So auch die Bayerische Akademie der Wissenschaften. Dies geschah zwar nicht nach Berliner Vorbild (man blickte hier mehr nach dem Süden und Westen, allen voran auf die italienischen Stadtakademien), aber in Leibniz'schem Geist. In dem nach Leibniz benannten Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften heiße ich Sie hiermit herzlich willkommen. Ich tue dies auch im Namen des Herrn Ministerpräsidenten und der Bayerischen Staatsregierung.
»THEORIA CUM PRAXI« könnte auch über diesem wissenschaftlichen Rechenzentrum stehen. Vor ein paar Wochen hatten wir hier eine der Entwicklung des Landes zur Informations- und Wissensgesellschaft gewidmete Kabinettssitzung, auf der u.a. ein Internet-Ausschuss auf Staatssekretärsebene und ein Internet-Beirat aus kompetenten Vertretern der Branche, insbesondere jungen Unternehmern, eingesetzt sowie die Förderung des IuK-Einsatzes an den Schulen und der Ausbau der Informatik an den Universitäten und Fachhochschulen des Landes mit 2 x 60 Mio. DM beschlossen wurden. Wir nahmen auch Gelegenheit, den seinerzeit noch im Probebetrieb befindlichen neuen Höchstleistungsrechner im obersten Stockwerk des Hauses zu besichtigen und uns in seinen Funktionen erklären zu lassen sowie die Arbeit der um ihn herum tätigen Menschen. Das Gebäude hat dadurch einiges von seiner Black-Box-Wirkung1, die es auf einen Außenstehenden ausübt, verloren. Der Rechner konnte inzwischen erfolgreich abgenommen werden und hat in der ersten, jetzt verwirklichten, 40 Mio. DM teuren Ausbaustufe die angestrebte Leistungen von 1 Billion Rechenoperationen pro Sekunde (1 Tera-FLOPS) erreicht, so dass Grund zur Freude und zum Feiern besteht. Gegenüber dem vor 10 Jahren bei einer ähnlichen Feier seiner Bestimmung übergebenen ersten Landeshochleistungsrechner ist das jetzige System um den Faktor 1.000 schneller. Herr Prof. Bulirsch, Ordinarius für höhere und numerische Mathematik der Technischen Universität München, hat diese die Grenzen des Vorstellbaren weit übersteigende Leistung in einem vielbeachteten Vortrag über »Virtuelle Welten aus dem Höchstleistungsrechner – Hilfe für die reale Welt« im Rahmen der Vortragsreihe »Soiree im Bayerischen Landtag« kürzlich auf folgende Weise demonstriert: Er ließ den Rechner, zu dem eine Leitung geschaltet war, das Tafelwerk der elliptischen Funktionen berechnen, dessen Erstellung den französischen Mathematiker Legendre Anfang des 19. Jahrhunderts 20 Jahre mühselige Arbeit gekostet hatte; die Maschine benötigte dazu nur Bruchteile von Sekunden. Die eigentliche Stärke des Rechners liegt jedoch in der numerischen Simulation schnell ablaufender, komplexer Prozesse, und davon werden wir heute noch einiges zu sehen bekommen.
Ich freue mich über den zahlreichen Besuch dieser Feier und insbesondere über Ihre Anwesenheit, Herr Staatssekretär Dr. Thomas vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, und dass Sie auch zu uns sprechen werden. Sie hatten sich ja die Entscheidung nicht leicht gemacht, die Anschaffung des Rechners mit 30 Mio. DM aus dem Bundeshaushalt zu unterstützen. Ich glaube, Sie konnten sich davon überzeugen, dass das Geld sinnvoll investiert wird und die ganze Republik davon profitiert. Besonders dankbar bin ich dem Wissenschaftsrat und der Deutschen Forschungsgemeinschaft für ihre klaren Voten zugunsten dieser Beschaffung. Der Wissenschaftsrat hat darüber hinaus in einer jüngst, am 12. Mai dieses Jahres verabschiedeten »Empfehlung zur künftigen Nutzung von Höchstleistungsrechnern« noch einmal bestätigt, dass diese Rechner und die problemspezifische Anwendungssoftware unverzichtbare Werkzeuge für die Spitzenforschung darstellen und ihre Verfügbarkeit ein entscheidender Standortfaktor im internationalen Wettbewerb ist. Der Wissenschaftsrat stellt in dem Papier – in Übereinstimmung mit der hiesigen Auffassung – ferner fest, dass Nutzungsgebühren kein geeignetes Mittel zur Finanzierung von Rechnern der höchsten Leistungsklasse oder zur Steuerung ihrer Inanspruchnahme sind. Für die Zulassung von Projekten und die Vergabe von Rechnerressourcen soll nach hiesiger Vorstellung allein ihre Eignung und Qualität ausschlaggebend sein. Darüber zu befinden und zu wachen, ist eine wesentliche Aufgabe des Lenkungsausschusses für den Höchstleistungsrechner. Der Lenkungsausschuss hat sich bereits Ende Mai konstituiert und Grundsätze für seine Arbeit verabschiedet. Ihm gehören sechs von der Deutschen Forschungsgemeinschaft benannte außerbayerische Wissenschaftler und sechs bayerische Vertreter an, die zusammen die wichtigsten Anwendungsgebiete des Höchstleistungsrechnens repräsentieren; den Vorsitz führt ein Mitglied des Lenkungsausschusses für den Stuttgarter Höchstleistungsrechner. Damit ist, meine ich, eine ausreichende Balance zwischen den bayerischen Interessen und den Interessen der anderen Länder gegeben.
Mit dem Rechner können nun Projekte in Angriff genommen werden, die auf den bisher zur Verfügung stehenden Systemen nicht oder nicht in angemessener Zeit durchführbar waren. Die Hochschulrektorenkonferenz wurde auf die bestehenden Möglichkeiten und Regularien der Antragstellung hingewiesen und um Weitergabe dieser Informationen an alle Hochschulen gebeten. Zahlreiche Anmeldungen von bayerischen und außerbayerischen Universitäten und von außeruniversitären Forschungseinrichtungen, insbesondere Max-Planck-Instituten, liegen bereits vor: Sie kommen aus der Struktur- und Biochemie, der Plasma-, Astro-, Gravitations- und Geophysik, der Kristallographie, Quantenmechanik, Fluiddynamik. Sie müssen aber zunächst ein bereits eingeleitetes Begutachtungsverfahren durchlaufen. Nachdem der Rechner im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau des Bundes und der Länder finanziert wird, steht die Rechenkapazität in erster Linie den Nutzern aus dem Hochschulbereich zur Verfügung. Ich weiß, dass ich damit ein heikles Thema berühre. Wir wollen die Nutzer aus dem Bereich der Max-Planck-Gesellschaft und der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, die ja bekanntlich anderweitig finanziert werden, dadurch keineswegs ausschließen. Wir müssen uns aber darüber klar sein, dass ein solches Nutzungsrecht nicht einseitig gewährt werden kann, sondern Gegenseitigkeit voraussetzt (was ich hier nicht näher ausführen möchte). Ich begrüße deshalb den Vorschlag des Wissenschaftsrats, künftig zu einer institutionenübergreifenden strategischen Abstimmung der nationalen Planungen und Beschaffungen auf dem Gebiet des Höchstleistungsrechnens zu gelangen.
Unser bayerisches Konzept des Hoch- und Höchstleistungsrechnens beinhaltet neben dem hier und heute eröffneten Zentrum für Höchstleistungsrechnen bewusst noch eine über München hinausgreifende flankierende Maßnahme: die Schaffung eines Netzwerks fachlicher Kompetenz im technisch-wissenschaftlichen Hoch- und Höchstleistungsrechnen. Ziel dieses an den erfolgreichen Forschungsverbund für Technisch-Wissenschaftliches Hochleistungsrechnen (abgekürzt FORTWIHR) anknüpfenden Kompetenznetzwerks KONWIHR ist es, für diese Rechnerspezies
- geeignete Software zu entwickeln bzw. anzupassen,
- Anwendungen zu erschließen, zu vertiefen und ihre wirtschaftliche Nutzung zu fördern,
- potentielle Anwender zu unterstützen und zu schulen sowie
- wissenschaftlichen Nachwuchs heranzubilden und den wissenschaftlichen Austausch zu fördern.
Zur Anschubfinanzierung dieser Aktivitäten werden aus dem Landeshaushalt 9 Mio. DM bereitgestellt. Es wäre zu wünschen, wie dies auch der Wissenschaftsrat in seinem mehrfach genannten Papier festgestellt hat, wenn die Bundesregierung den Aufbau eines deutschlandweiten Kompetenznetzwerks in allen für das Höchstleistungsrechnen relevanten Anwendungsfeldern sowie die Entwicklung leistungssteigernder Software für das Supercomputing fördern würde. Mit Hilfe zusätzlicher Mittel könnten die besten Köpfe Deutschlands zusammengebracht werden! Die Arbeit von KONWIHR wird von einem unabhängigen Beirat begleitet, der letztlich über die Vergabe der zur Verfügung stehenden Fördermittel befindet und sich die Umsetzung der Forschungsergebnisse in die universitäre Lehre sowie den Wissenstransfer in die Wirtschaft angelegen sein lässt. Dem achtköpfigen Beirat gehören vier externe Wissenschaftler und ein Wirtschaftsvertreter an. Ich freue mich, dass es gelungen ist, für den Beiratsvorsitz ein Direktoriumsmitglied des John von Neumann-Instituts für Computing im Forschungszentrum Jülich zu gewinnen, dem der dortige Supercomputer zugeordnet ist. Durch diesen und den zuvor beim Lenkungsausschuss aufgezeigten Querbezug ist der Erfahrungsaustausch zwischen den drei bestehenden deutschen Höchstleistungsrechenzentren in Jülich, Stuttgart und München gewissermaßen personalisiert.
Für die standortunabhängige überregionale Nutzung der Rechnerressourcen wie die wissenschaftliche Zusammenarbeit sind schnelle Netze unverzichtbar. Vor knapp zwei Jahren, am 13. August 1998, konnte an dieser Stelle im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung von Land, Bund, DFN-Verein und Leibniz-Rechenzentrum unter dem Motto »Schnelle Netze – Schnelle Rechner« als Vorstufe für ein deutsches Gigabit-Wissenschaftsnetz die Teststrecke München – Erlangen – Berlin in Betrieb genommen und ein für die bayerischen Hochschulen angeschaffter Hochleistungsrechner eingeweiht werden. Es trifft sich gut, dass der offizielle Start des ganz Deutschland umspannenden Gigabit-Wissenschaftsnetzes unmittelbar bevorsteht und in zwei Tagen am Standort des DFN-Vereins Berlin, im Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik, erfolgen wird. Damit steht dann auch die adäquate Netzinfrastruktur für die rechnergestützte wissenschaftliche Kommunikation, für neue multimediale Anwendungen in Lehre und Forschung sowie für den Zugang zu den Supercomputerzentren und nicht zuletzt für deren Verbund zur Verfügung. Das Leibniz-Rechenzentrum und der neue Rechner gehen zunächst mit einer Übertragungsrate von 0,6 Gigabit pro Sekunde (das ist viermal so viel wie bislang) an das Wissenschaftsnetz. Für alle bayerischen Hochschulen werden die Anschlusskapazitäten ebenfalls wesentlich erweitert. Dass dies zu moderaten Gebühren möglich ist, verdanken wir der Anschubfinanzierung Ihres Hauses, Herr Staatssekretär Dr. Thomas. Für unsere Hochschulen wurde außerdem eine sie nur mit relativ geringen anteiligen Kosten belastende Lösung gefunden.
Bei den Lokalnetzen in den Hochschulen und zwischen dislozierten Teilen von ihnen sind wir bedauerlicherweise an vielen Stellen noch nicht so weit wie im Weitverkehrsbereich. Was wir brauchen, ist ein gut ausgebautes hochschulinternes Verkehrswegenetz mit breiten Zubringern zur Datenautobahn. Die Schwierigkeiten liegen u.a. darin begründet, dass Erweiterungs- und Ergänzungsmaßnahmen der Hochschulvernetzung (um die es mittlerweile größtenteils geht) in der Regel nicht an Gebäudegrenzen haltmachen und man damit in Konflikt mit dem Vorhabenbegriff des Hochschulbauförderungsgesetzes kommt sowie als Folge davon die für eine Mitfinanzierung des Bundes erforderlichen Kostenschwellwerte nicht erreicht. Ein weiteres Problem stellen die langen Planungs- und Ausführungszeiten im Baubereich dar, die unvereinbar sind mit der raschen technischen Entwicklung bei den aktiven elektronischen Netzkomponenten. Wir müssen hier flexibler werden und uns von einengenden Vorgaben befreien, wenn wir die nötige durchgehende Netzinfrastruktur für die im weltweiten Wettbewerb stehenden Hochschulen schaffen wollen. Und wir müssen konkrete Schritte zur Umsetzung der Empfehlungen des Wissenschaftsrats, der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung sowie der Hochschulrektorenkonferenz zum verstärkten Einsatz multimedialer Techniken an den Hochschulen unternehmen. Dabei sind wir auf die Mithilfe des Bundes, d.h. des Bundesministeriums für Bildung und Forschung angewiesen. Den, wie ich höre, von Ihrem Haus im Benehmen mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft am 12. Juli d. J. vorgesehenen Workshop zum Thema »Perspektiven und Kriterien für die Vernetzung im Hochschulbereich« möchte ich schon einmal als hoffnungsvolles Zeichen werten.
Kehren wir zurück zum Anlass dieser Feierstunde. Deutschland und Europa besitzen mit dem hier aufgestellten System erstmals einen Tera-FLOPS-Rechner. Auf der Anfang des Monats zur Mannheimer Supercomputer-Konferenz vorgelegten neuesten Liste der 500 weltweit schnellsten Rechner nimmt er den 5. Platz ein – nach vier in den USA bei den National Laboratories und bei einem Computer-Hersteller betriebenen Rechnern. Als nächst leistungsfähigste Anlage hier in Deutschland folgt auf Platz 15 die des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach am Main. Mit der Hitachi-Anlage verfügen die deutschen Hochschulen, verfügt die deutsche Wissenschaft über einen gewaltigen »Beschleuniger der Theorie«, wie das Supercomputing einmal genannt wurde. Nutzen wir dieses Potential in der rechten Weise! Deutschland gehört ja leider nicht mehr zum Kreis der führenden Computerbauer; diese Stellung ist wohl unwiederbringlich dahin. Wir sollten uns deshalb auf unsere Stärken in den theoretischen Wissenschaften besinnen und vom Rechner als Akzelerator und zur Verifizierung der theoretischen Überlegungen Gebrauch machen und damit die Brücke zu den Anwendungen zu schlagen bemüht sein – getreu dem eingangs zitierten Leibniz’schen Leitspruch Theorie und Praxis. Ohne ausreichende Verwertung der gewonnenen Erkenntnisse würden wir rasch die wirtschaftliche Basis für unser Handeln verlieren.
Das bringt mich zum Schluss auf einen deutschen Wissenschaftler, Erfinder, Konstrukteur und Unternehmer, der die Verbindung von Theorie und Praxis auf dem Gebiet der Informationstechnik (wie wir heute sagen) in geradezu idealer Weise verkörpert hat. Er wäre am Fronleichnamstag letzte Woche 90 Jahre alt geworden, ist aber Ende 1995 verstorben. Ich spreche von Konrad Zuse, dem genialen Computer-Pionier, dem Schöpfer der ersten vollautomatischen, programmgesteuerten Rechenanlage der Welt. Lassen Sie mich aus diesem Anlass mit ein paar Worten an Zuse und sein Werk erinnern. Der von ihm erdachte, bereits in Binärarithmetik arbeitende Relais-Rechner konnte 1941, mitten im Krieg, in Berlin zum Laufen gebracht werden. Das Original ist leider im Krieg zerstört worden. Ein nachgebautes Modell dieser unter dem Namen Z 3 in die Geschichte eingegangenen Rechenanlage befindet sich heute im Deutschen Museum in München. Hier ist auch das Original des weiterentwickelten und kurz vor Kriegsende fertiggestellten Rechners Z 4 zu sehen, der eine bewegte Geschichte hinter sich hat und auf bayerischem Boden, in der Abgeschiedenheit eines Allgäuer Alpentals, das Kriegsende und die Wirren der Nachkriegszeit überstand, ehe er der ETH Zürich mehre Jahre lang gute Dienste leistete und die Arbeit der dortigen Informatiker befruchtete. Zuse hatte sich in den letzten Kriegswochen mit dem damals noch Versuchsmodell 4, abgekürzt V 4, bezeichneten Gerät von Berlin nach Süden, zur vermeintlichen »Alpenfestung« abgesetzt. Wie er selbst in seiner Autobiographie »Der Computer – Mein Lebenswerk« amüsiert erzählt, wurde die Erlaubnis dazu mit der Begründung erteilt »Die V 4 muß aus Berlin in Sicherheit gebracht werden«. Zuse nutzte die Zeit des Wartens auf bessere Verhältnisse in der idyllischen Bergwelt – zum Malen .... und zur Ausarbeitung des sog. »Plankalküls«, der nach Prof. F.L. Bauer (Emeritus der Technischen Universität München und Nestor der deutschen Informatiker) »als ein beachtenswerter erster Ansatz zu einer höheren Programmiersprache einen Platz in der Geschichte der Informatik« hat. Was weniger bekannt sein dürfte: Bereits 1947 gründete Zuse in Hopferau bei Füssen ein Ingenieurbüro, mit dem er die Basis für die spätere Firma Zuse KG in Hessen bereitete, die Entwicklungs- und Produktionsstätte für viele in der Wirtschaft und im Hochschulbereich erfolgreich eingesetzte Zuse-Rechner. Mit einer Ausstellung im Schloss Hopferau wird zur Zeit des großen Mannes und seiner Bezüge zur dortigen Gegend gedacht. Zu den vielen Ehrungen, die Konrad Zuse in seinem Leben zuteil wurden, gehört auch die höchste vom Freistaat Bayern auf wissenschaftlichem und künstlerischem Gebiet verliehene Auszeichnung, der auf König Maximilian II. von Bayern zurückgehende Bayerische Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst.
In einem Vortrag zum Thema »Der Computer – Rückblick und Ausblick« anlässlich der Ehrenpromotion durch die Technische Universität Dresden im Jahr 1981 hat Zuse sich mit Blick auf die Evolution des organischen Lebens in der Natur u.a. mit der Frage der Selbstreproduktion bzw. -replikation in der Fertigungstechnik befasst. Eine kühne Vision weit außerhalb der Realität! Am Ende seiner diesbezüglichen Gedanken und seines Vortrags steht der Satz: »So gesehen liegt das Zeitalter des Computers noch vor uns. Die in dieser Richtung liegenden gewaltigen Möglichkeiten können erst erahnt werden.«
Damit möchte ich schließen. Ich wünsche dem Zentrum für Höchstleistungsrechnen in Bayern (man könnte analog zu FORTWIHR und KONWIHR auch kürzer ZEWIHR2 sagen) einen guten Start und eine erfolgreiche Arbeit; und den es nutzenden bayerischen und deutschen Wissenschaftlern und Ingenieuren, dass das Hoch- und Höchstleistungsrechnen durch sie einen kräftigen Aufschwung nehmen und die Grenzen der Erkenntnis wie des technisch Machbaren ein Stück weit hinausschieben helfen möge.
Anmerkung:
Für das Leibniz-Rechenzentrum ist auf Grund des bestehenden und des zusätzlichen Raumbedarfs wegen des Höchstleistungsrechnerbetriebs sowie zur Aufrechterhaltung der engen Zusammenarbeit mit den mittlerweile auf dem Garchinger Campus angesiedelten Hauptnutzern und den in den nächsten Jahren dorthin umziehenden Fakultäten für Mathematik und Informatik ein Neubau in Garching geplant. Dieser Neubau soll in einem gemeinsamen Gebäudekomplex mit Erweiterungsflächen für die Fakultät für Informatik der TU erstellt werden. Beide Maßnahmen sind zum Bauhaushalt 2001/2002 angemeldet, der als Ganzes Differenzpunkt ist. Wenn sich bei den diesbezüglichen Verhandlungen auf Ministerebene am 21. Juni eine Realisierungsmöglichkeit der Neubauvorhaben abzeichnen sollte, wäre dies vor dem Auditorium einer besonderen Erwähnung wert und ein »Einweihungsgeschenk« allerersten Ranges.
Fußnoten:
1 Das Gebäude wurde im Zuge der kürzlich beendeten Asbestsanierung schwarz verkleidet.
2 Dieser Begriff weckt (über Zephir/Zephyr) Assoziationen zu dem von Prof. Aiken nach dem Krieg an der Harvard University in Cambridge bei Boston gebauten Relais-Rechner Whirlwind (einem mehrere Stockwerke einnehmenden Ungetüm) und dem in Reaktion darauf Mailüfterl genannten ersten transistorisierten Rechner Europas von Prof. Zemanek aus Wien.
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