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Kultur- und
Begegnungszentrum

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Ehrenmedaille des
Eichendorff-Zentrums

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Verdienstkreuz für
Leonhard Wochnik

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Wiederaufbau des
Schlosses?

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Zweisprachige
Ortsbezeichnung

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Nachruf auf
Leonhard Wochnik

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»Wo werde ich wohl sein
im künftgen Lenze?«

Wie Eichendorff in seinem nachgelassenen Gedicht »Der verspätete Wanderer« wird sich dies auch Leonhard Wochnik, der bekannte und allseits geschätzte Hüter der Eichendorff-Stätten in Lubowitz, in letzter Zeit manchmal gefragt haben, als er seine Kräfte schwinden und das Ende herannahen fühlte. Am 20. Januar 2010 ist er seinem schweren Leiden erlegen. Im November letzten Jahres konnte er noch den 75. Geburtstag im Kreis seiner Familie begehen und im Dezember den jährlichen Rechenschaftsbericht fertigstellen, mit dem er als Vorsitzender des Lubowitzer Eichendorff-Vereins die Eichendorff-Freunde hüben und drüben über die wesentlichen Vorkommnisse in seinem Wirkungsbereich informierte. Auch erste Überlegungen zur Gestaltung des bevorstehenden 20-jährigen Vereinsjubiläums (i. e. der amtlichen Registrierung des Vereins vor 20 Jahren) und im Hinblick auf den 10. Jahrestag der Eröffnung des Eichendorff-Kultur- und -Begegnungszentrums im Juli d. J. wurden bereits angestellt. Leonhard Wochnik sollte diese Feiern ebensowenig erleben wie – Höhepunkt eines jeden Jahres – die traditionelle Gedenkveranstaltung zu Eichendorffs Geburtstag im März (diesmal des 222.), zu der schon die Zusage eines besonderen Gastes und Referenten vorliegt: von Georg von Eichendorff Graf Strachwitz, dem Ur-Ur-Enkel des Dichters, der über »Die Nachkommen und heutigen Namensträger Joseph von Eichendorffs« sprechen wird.

In »Schlesien heute« (Sh) Nr. 10/2006 und in der »Kulturpolitischen Korrespondenz« (KK) vom 20. Oktober 2006 wurden Leonhard Wochniks Verdienste anlässlich seiner Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz ausführlich gewürdigt. Zusammenfassend sei daran erinnert, dass der Verstorbene in der Ortschaft Bresnitz – ab 1936 Eichendorffmühl – geboren wurde (Nomen est omen!), das Elektrikerhandwerk erlernt und ausgeübt hat und im Alter von 22 Jahren mit seinen Eltern nach Lubowitz zugezogen ist. Seine Lebensaufgabe sah er darin, das, was der Krieg und die Nachkriegszeit von dem Eichendorff-Schloss in Lubowitz übriggelassen hat und was aus dem sich selbst überlassenen Schlosspark geworden war, vom Schutt und Gestrüpp der Jahre zu befeien und für die nachfolgende Generation zu erhalten sowie den Geburtsort des Dichters zum Mittelpunkt der Eichendorff-Verehrung in Oberschlesien werden zu lassen. So wurde er zur bewegenden Kraft

Als Mitglied des Rates seiner Gemeinde in den Jahren 1990 bis 1998 setzte Leonhard Wochnik ferner die Umbenennung der Hauptstraße des Orts, an der auch sein Haus liegt, in ulica Eichendorffa – Eichendorffstraße durch. 2008 wurden seine Bemühungen um die Wiederzulassung des deutschen Namens, unter dem Lubowitz in die Literaturgeschichte eingegangen ist, von Erfolg gekrönt, und der Ort erhielt als erster in Oberschlesien eine neue, zweisprachige Beschilderung (Sh berichtete darüber in der Ausgabe 7/2008).

Bereits 2005 hatte die Stiftung Oberschlesisches Eichendorff-Kultur- und -Begegnungszentrum (kurz Eichendorff-Stiftung) ihren stellvertretenden Vorsitzenden Wochnik mit der neu geschaffenen Eichendorff-Medaille geehrt. Im vergangenen Jahr erhob ihn die Gemeinde Rudnik, zu der Lubowitz gehört, zum »Verdienten Bürger der Gemeinde«, verlieh ihm also eine Art Ehrenbürgerschaft.

Am 22. Januar 2010 wurde der Verstorbene nach einem (ganz in Polnisch gehaltenen) Gottesdienst in der Heimatkirche zu den Klängen der Blaskapelle seines ehemaligen Ratiborer Betriebs unter großer Anteilnahme der Bevölkerung zu Grabe getragen. Neben Repräsentanten der Eichendorff-Stiftung und Vertretern der sozial-kulturellen Gesellschaften der Deutschen gaben auch der Landrat von Ratibor und der deutsche Konsul aus Oppeln dem Toten das letzte Geleit. Beim anschließenden Treffen der Trauergemeinschaft im Begegnungszentrum gedachten der Konsul und ein Vertreter der Eichendorff-Stiftung des Verstorbenen auch in deutscher Sprache. Meine Abschiedsworte, die ich schriftlich übermittelt hatte, da es mir nicht möglich war, der Beerdigungsfeier beizuwohnen, blieben unausgesprochen – u. a. der tröstliche Gedanke, den Eichendorff in einem auf den Tod eines seiner Kinder entstandenen Gedicht voll Gottvertrauen so zum Ausdruck brachte: »Wir armen, armen Toren! / Wir irren ja im Graus / des Dunkels noch verloren – / du fandest längst nach Haus«.

Der Tod dieses um die Eichendorff-Stätten und den Kontakt zu uns Deutschen hierzulande so verdienten Mannes – sowie der in Oberschlesien allerorten festzustellende Rückzug der deutschen Sprache auch im kirchlichen Leben – werfen die bange Frage auf, wie es mit dem nunmehr verwaisten Eichendorff-Verein (und der Eichendorff-Stiftung) weitergehen wird – und wie lange man in Lubowitz und darüber hinaus Deutschland noch »aus Herzensgrund« wird grüßen können, um die Worte des Dichters aus der Schlussstrophe seines berühmten »Heimweh«-Gedichts von 1826 aufzunehmen.

 

Erschienen in:

»Oberschlesien« Nr. 2 vom 29. Januar 2010, Senfkorn-Verlag A. Theisen, Görlitz und St. Annaberg.

»SCHLESIEN HEUTE« 2/2010, Senfkorn-Verlag A. Theisen, Görlitz/Schlesien.

»Kulturpolitische Korrespondenz« Nr. 1289 vom 10. März 2010 der Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Europa – OKR (leicht gekürzt unter der Überschrift »Hüter eines versehrten Grals« und mit dem Untertitel »An der selbstgestellten Aufgabe, die Eichendorff-Gedenkstätten in und um Lubowitz zu erhalten, hat sich Leonhard Wochnik aufgerieben«).

»Schlesischer Kulturspiegel« 1/2010 der Stiftung Kulturwerk Schlesien, Würzburg (unter der Überschrift »Ein Leben für Lubowitz und seine Eichendorff-Stätten – Am 20. Januar diesen Jahres ist Leonhard Wochnik 75jährig nach schwerem Leiden gestorben«).


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