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Kultur- und
Begegnungszentrum

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Ehrenmedaille des
Eichendorff-Zentrums

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Verdienstkreuz für
Leonhard Wochnik

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Wiederaufbau des
Schlosses?

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Zweisprachige
Ortsbezeichnung

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Nachruf auf
Leonhard Wochnik

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Hohe Auszeichnung für einen »Stillen im Lande«

Leonhard Wochnik, der jedem Lubowitz-Besucher bekannte Vorsitzende des dortigen Eichendorff-Vereins, erhielt am 30. August dieses Jahres aus der Hand des deutschen Generalkonsuls in Breslau das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Es erfüllt einen mit Freude und Genugtuung zu sehen, dass dem seit Jahren beharrlich und bescheiden für das Gemeinwohl seiner oberschlesischen Landsleute tätigen Mann eine solche Ehrung zuteil wurde. In der von Bundespräsident Horst Köhler unterzeichneten Verleihungsurkunde heißt es wörtlich, die Auszeichnung wird ihm »in Anerkennung der um Volk und Staat erworbenen besonderen Verdienste« verliehen. Welches sind diese besonderen Verdienste, auf die der Bundespräsident dabei abhebt und von denen Generalkonsul Dr. Helmut Schöps bei der Übergabefeier im Eichendorff-Zentrum Lubowitz vor einem ansehnlichen Kreis von geladenen Repräsentanten des öffentlichen Lebens und Freunden des Geehrten einige näher ansprach, und welches waren die Motive dafür?

Um mit letzteren zu beginnen: Dem 1934 in Eichendorffmühl (früher Brzesnitz oder Bresnitz, heute Brzeznica) unweit von Lubowitz geborenen Leonhard Wochnik war der Dichter Joseph von Eichendorff von Jugend auf vom Namen seines Heimatortes und von seinen zu Volksliedern gewordenen Gedichten vertraut. Als Kind hatte es ihm die alte Wassermühle im Dorf besonders angetan, in der man (fälschlicherweise) das Vorbild der vielbesungenen Mühle »in einem kühlen Grunde« sah und annahm, dass Eichendorffs »Liebchen … dort gewohnet hat«, wie es in dem Lied heißt. Vor wenigen Jahren konnte er die Mühle durch Spendengelder erwerben und damit beginnen, sie zur Demonstration der althergebrachten Arbeitsweise wieder funktionsfähig zu machen.

Seine eigentliche Lebensaufgabe sah Herr Wochnik jedoch darin, das, was der Krieg von den Eichendorff-Stätten im Geburtsort Lubowitz des Dichters übriggelassen hatte, für die nachfolgenden Generationen zu erhalten und zum Mittelpunkt der Eichendorff-Verehrung in Oberschlesien werden zu lassen. Ab Mitte der 1980er Jahre gehörte er einem kleinen geheimen Kreis von Eichendorff-Freunden um den damaligen Ortspfarrer an, der in den alten Kirchenbüchern nach Spuren des berühmten Sohnes ihrer Heimat suchte. Im Hinblick auf den 200. Geburtstag Eichendorffs 1988 wurde in einer breiten Gemeinschaftsaktion der verwahrloste Park um die Ruine des Eichendorff-Schlosses von Gestrüpp und Unrat befreit und wieder zugänglich gemacht. Am Geburtstag des Dichters fand auf Betreiben der Eichendorff-Freunde in der Lubowitzer Pfarrkirche erstmals ein Gedenkgottesdienst mit anschließendem Gang zum (in Ordnung gebrachten) Grab seiner Eltern und Geschwister auf dem alten Friedhof statt - obwohl zu kommunistischer Zeit alles Deutsche mit einem Bann belegt war und Vorladungen bei der örtlichen Polizei die unweigerliche Folge waren.

1989 entstand aus dem Eichendorff-Freundeskreis der noch heute bestehende Lubowitzer Eichendorff-Verein; seine amtliche Registrierung konnte im Jahr darauf erreicht werden. Herr Wochnik ist seither Vorsitzender des Vereins. Als solcher kümmerte er sich um die Verschönerung des Schlossparks und den Schutz der Schlossruine, die Schaffung von Räumlichkeiten für Versammlungen, Feiern und kulturelle Veranstaltungen in dem ursprünglich zum Schloss gehörenden Gutshof und richtete zahlreiche örtliche und regionale Feste für die deutsche Minderheit sowie für »Heimkehrer« und Gäste aus der Bundesrepublik aus - z. T. in Kooperation mit dem Deutschen Freundschaftskreis (DFK) im Bezirk Kattowitz. Zur Tradition geworden sind mittlerweile die (gänzlich unpolitischen) Feiern von Eichendorffs Geburtstag am 10. März jeden Jahres in Lubowitz. Anfangs sorgte der Verein auch dafür, dass Kurse zum Erlernen bzw. Auffrischen der den Landsleuten abhanden gekommenen Muttersprache abgehalten wurden.

Die alles andere übertreffende Leistung des Eichendorff-Vereins und seines Vorsitzenden Wochnik war es, sich nach dem Fall des »Eisernen Vorhangs« vehement für den Umbau des alten Gasthauses auf dem an den Schlosspark sowie den Pfarr- und Kirchhof angrenzenden Grundstück (dessen Kauf der Freistaat Bayern initiierte) zum Kultur- und Begegnungszentrum eingesetzt und diesen - im wohlverdienten Ruhestand - über mehrere Jahre, bis zur Fertigstellung 1999 betreut zu haben. Das im Sommer 2000 eingeweihte Gebäude brachte für das Ehepaar Wochnik dann eine neue Herausforderung mit sich, der es sich mit Erfolg stellte: die Bewirtschaftung eines 50-Betten-Hauses mit Festsaal- und Restaurationsbetrieb; Anerkennung hierfür gebührt selbstredend auch der diese Last geduldig mittragenden Frau Hildegard. Am zuletzt erfolgten Umbau des nahebei gelegenen alten Schulhauses und den dadurch geschaffenen Schulungs-, Ausstellungs- und Bibliotheksräumen hat Herr Wochnik ebenfalls wesentlichen Anteil.

Er gehört überdies dem Vorstand der Stiftung Oberschlesisches Eichendorff-Kultur- und -Begegnungszentrum der deutschen Minderheit an und war bis vor kurzem ihr stellvertretender Vorsitzender. Die vorrangige Aufgabe dieser Stiftung besteht in der Pflege des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens der deutschen Minderheit; und sie will die Kenntnisse über Leben und Werk Joseph von Eichendorffs verbreiten, um dadurch »sein geistiges Erbe für die regionale, nationale und europäische Kultur und das friedliche Zusammenleben der Völker nutzbar zu machen«, wie es in ihrer Satzung heißt.



Erschienen in:
»SCHLESIEN HEUTE« 10/2006, Senfkorn-Verlag A. Theisen, Görlitz/Schlesien.

»Kulturpolitische Korrespondenz« Nr. 1228 vom 20. Oktober 2006 der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat.



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