Keine neun Monate nach Errichtung des Göppert-Denkmals im Botanischen Garten der Universität Breslau, der ehemaligen Wirkungsstätte des (Paläo-)Botanikers Heinrich Robert Göppert, ist der große Wissenschaftler in seine Vaterstadt Sprottau/Szprotawa »heimgekehrt«. Die zum Landkreis Sagan/Żagań gehörende niederschlesische Stadt liegt an der Mündung der sie von drei Seiten umschließenden (namengebenden) Sprotte in den Bober, eines vom Riesengebirge kommenden Nebenflusses der Oder.
In Sprottau hatte man sich schon etliche Jahre zuvor des hier geborenen Gelehrten erinnert und 2005 den alten Steinsockel, auf dem bis 1945 eine der einstigen Breslauer Bronzebüste von Fritz Schaper nachgebildete Büste gestanden hatte, am alten Standort an der jetzigen ul. Mickiewicza, früher Göppert-Platz, nahe der Brücke über die Sprotte (die umgangssprachlich immer noch Göppert-Brücke genannt wird) wieder aufgerichtet. Treibende Kraft dabei war der Kustode der Sprottauer Geschichts-Werkstatt Mieczysław Pozaroszczyk und das von ihm ein Jahr zuvor initiierte Komitee für den Wiederaufbau des Denkmals. Pozaroszczyk hatte den in Teilen wiederaufgefundenen Sockel für eine spätere Rekonstruktion des Denkmals verwahrt.
Dass es im 70. Jahr nach Zerstörung des Denkmals zu seiner vollständigen Rekonstruktion kam, ist im wesentlichen Herrn Zbigniew Czmuda zu danken, einem engagierten Selfmademan, der das zerfallene Schloss Wichelsdorf/Wiechlice, 5 km östlich von Sprottau, wenige Jahre zuvor erworben und zu einer prächtigen Wellness-Oase ausgebaut hat. Von ihm wurde die den Sockel bekrönende Bronzebüste bei dem jungen Bildhauer Tomasz Górnicki in Auftrag gegeben – nachdem die Beteiligung an den Herstellungskosten seitens der in Deutschland und den USA lebenden Göppert-Nachfahren (Prof. Hans Marquardt und Roswitha Göppert-Woolley, die an der Finanzierung des Breslauer Denkmals nicht beteiligt waren) als gesichert gelten konnte.
Herrn Czmuda standen dabei der Inhaber des Görlitzer Senfkorn-Verlags Alfred Theisen und der Verfasser dieses Artikels zur Seite. Letzterer hatte bereits 2009 – anlässlich von Göpperts 125. Todestag – Kontakt zur Stadtverwaltung von Sprottau aufgenommen und die Unterstützung bei der Wiederherstellung des Göppert-Denkmals angeboten, noch ehe er mit diesem Gedanken an die Universität Breslau herantrat. Leider fand der Vorstoß bei den Sprottauern dazumal keine Resonanz.
Die feierliche Enthüllung des wiederhergestellten, schön herausgeputzten Denkmals fand am 12. Juni dieses Jahres statt – 115 Jahre nach Errichtung des zum 100. Geburtstag Göpperts eingeweihten Vorkriegs-Denkmals. Dazu waren noch am Vortag Masten links und rechts des Denkmals für die polnische und die deutsche Fahne gesetzt worden, die – am Festtag aufgezogen – fröhlich im Winde flatterten. Während der Feier wurde dem Verkehr auf der am Denkmal vorbeiführenden Straße eine Zwangspause auferlegt.
Eingeladen waren insbesondere Göpperts Ururenkel Hans und Niels Marquardt sowie – als Dritte im Bunde – Ururenkelin Roswitha Göppert-Woolley, die sich aufgrund einer akuten Erkrankung aber den weiten Weg aus Kalifornien nicht zumuten konnte und kurzfristig absagen musste (allerdings hofft, den Besuch im Herbst nachholen zu können).
Gekommen waren auch fünf ehemalige Sprottauer aus verschiedenen Regionen Deutschlands, die hier noch zur Schule gegangen sind: darunter Herr Horst Lachmann (Jahrgang 1932) aus Holzhau im Erzgebirge, der dort Bürgermeister war und in diesem Jahr das 20. Sprottauer Heimattreffen (nach der Wiedervereinigung) bei sich ausgerichtet hat, sowie Herr Klaus Stenzel (Jahrgang 1937) aus Meckenheim bei Bonn, der den 89-jährigen Gerhard Kossert vertrat, den ehemaligen Vertrauensmann des Kreises Sprottau/Sagan beim »Schlesischen Kreis-, Städte- und Gemeindetag«, und Gelegenheit zu einem kurzen Grußwort erhielt. Darin dankte er allen, die zum Gelingen des Projekts beigetragen haben und merkte wörtlich an:
In der Wiedererrichtung seines [Göpperts] Denkmals in der polnischen Stadt Szprotawa erkenne ich ein Bekenntnis dieser Stadt zu ihrer deutschen Geschichte. Das nehmen wir dankbar zur Kenntnis, denn das war nicht immer so… Heinrich Robert Göppert ist wieder zu Hause in seiner Heimatstadt, in der Stadt seiner Geburt. Dies ist ein guter Tag!
Aufgrund der auch an den Botanischen Garten der Universität Breslau ergangenen Einladung war Frau Dr. Magdalena Mularczyk anwesend; im Verlauf der Veranstaltung würdigte sie Göppert aus Breslauer Sicht.
Zunächst aber begrüßte der Sprottauer Bürgermeister, Herr Józef Rubacha, die Ehrengäste und die zahlreichen Bürger seiner Stadt, die vielfach im Schatten der ringsum stehenden Bäume Schutz vor der sengenden Hitze suchten, und eröffnete die Feier, indem er die polnische und die deutsche Nationalhymne abspielen ließ.
Dann wurde ich gebeten, den Festvortrag zu halten (der Text des Vortrags ist nachfolgend wiedergegeben).
An dessen Schluss dankte Hans Marquardt, der ältere der Marquardt-Brüder, selbst Mediziner und seinem Ururgroßvater verblüffend ähnlichsehend, spontan für die beeindruckende Würdigung von Göpperts Lebensleistung – und dem Bürgermeister für die erhebende Feier, wobei er der Hoffnung Ausdruck gab, dass die Feindseligkeiten früherer Tage in dem heute geeinten Europa endgültig der Vergangenheit angehören mögen.
Es folgten die bereits erwähnten Redebeiträge von Herrn Stenzel und Frau Dr. Mularczyk. Ferner ergriffen das Wort die Herren Czmuda und Górnicki sowie Herr Pozaroszczyk und Herr Andrzej Skawiński, der zuletzt den Vorsitz im Komitee für den Wiederaufbau des Denkmals innehatte (und zugleich Stadtratsvorsitzender ist). Der gerade 70 Jahre zurückliegende Zweite Weltkrieg, so Herr Pozaroszczyk, gemahne uns eindringlich, dass es niemals wieder zur Vernichtung von Kulturgut kommen dürfe und zur Zerstörung von Denkmälern als materiellen Zeugnissen der Geschichte.
Daraufhin fiel – von einem Musiktusch begleitet – das die Bronzebüste verhüllende Tuch, so dass das Denkmal bestaunt werden konnte.
Die Feier fand noch eine kleine Fortsetzung vor dem noch bestehenden Geburtshaus Göpperts, der ehemaligen »Mohrenapotheke«, einem Eckgebäude am Ring gegenüber dem Rathaus – kenntlich an der Figur eines Mohren in der Ecknische im 1. Stock. Unter Trompetenstößen von einem der mächtigen Rathaustürme wurde zu guter Letzt der Blick auf eine seitlich am Haus neu angebrachte Gedenktafel freigegeben.
Zum Ausklang und gemütlichen Abschluss des Festes traf man sich auf Einladung von Herrn Czmuda schließlich noch zu einem Empfang mit reichhaltigem Buffet auf seinem Schloss in Wichelsdorf/Wiechlice.
Erschienen in:
»SCHLESIEN HEUTE« 7/2015, Senfkorn-Verlag A. Theisen, Görlitz
Sehr geehrte Damen und Herren!
Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat,
lasst uns freuen und fröhlich (an ihm) sein.
So lautet ein schöner Vers aus dem Psalm 118, der in der Osterzeit vielfach gebetet und gesungen wird. Er passt auch gut für den heutigen Tag.
Ich will meine Ausführungen in sieben Punkte gliedern, die ich nacheinander ansagen werde:
1. Zum Anlass der heutigen Veranstaltung:
Wir sind hier zusammengekommen, um ein Ereignis zu feiern, das in die Geschichte der Stadt eingehen wird: die Wiedererrichtung des Göppert-Denkmals.
An seinem Zustandekommen
• haben beherzte Bürger Ihrer Stadt sowie der Bürgermeister entscheidenden Anteil (wobei ich zur Stadt wohl auch Wichelsdorf/Wiechlice zählen darf, um den engagierten Herrn Czmuda mit einzubeziehen),
• mitgewirkt haben aber auch Deutsche und Deutsch-Amerikaner, speziell die Familien Marquardt und Göppert (in Klammern sei angemerkt: sowie Herr Theisen, der Inhaber des Görlitzer Senfkorn-Verlags, und meine Wenigkeit).
Das Denkmal hat an diesem Platz hier 45 Jahre lang gestanden, ehe es vor 70 Jahren d e m Sturm zum Opfer fiel, der von Deutschland entfesselt wurde und über dieses Land und diese Region hinweggefegt ist.
Der Platz, auf dem wir stehen, hieß vor dem Krieg Göppert-Platz. Und die nahegelegene Brücke wird, wie ich mir sagen ließ, noch heute nach Göppert benannt – ebenso wie der anschließende Park an der Sprotte (eines Nebenflusses des in die Oder mündenden Bobers). Auch eine von hier ausgehende Wanderroute soll noch Göpperts Namen tragen.
2. Wer war Göppert,
dessen Name mit dieser Stadt verbunden und über die Zeiten hinweg in Erinnerung geblieben ist, und was sind die Beweggründe dafür?
(Johann) Heinrich Robert Göppert war ein bedeutender Botaniker und Paläobotaniker (d.h. ein Erforscher der fossilen, d.h. vorzeitlichen Pflanzenwelt) und nicht zuletzt Pharmazeut und Mediziner. Da es ihm ein Bedürfnis war und er es verstand, weite Kreise der Bevölkerung an seinen wissenschaftlichen Erkenntnissen teilhaben und daraus Nutzen ziehen zu lassen, war er zur damaligen Zeit einer der populärsten Gelehrten Schlesiens.
Hier in Sprottau hat er im Jahr 1800 (also vor 215 Jahren) das Licht der Welt erblickt. Sein Elternhaus – die ehemalige Mohrenapotheke in der Glogauer Straße, der jetzigen ul. Odrodzenia Nr. 1 – steht dem Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen zufolge heute noch; davon konnte ich mich selbst überzeugen. Vater Johann Heinrich Göppert war Apotheker und städtischer Ratsherr, dem die Betreuung des städtischen Forstes oblag, eines ausgedehnten Waldgebietes im Osten und Südosten von hier, das den Wohlstand der Stadt begründete.
Blicken wir im 3. Gliederungspunkt auf
die wichtigsten Stationen in Göpperts Leben:
Erste Kenntnisse in der Natur- und Pflanzenkunde wird der kleine Heinrich Robert von seinem Vater erhalten haben. Da er einmal die väterliche Apotheke übernehmen sollte, wurde er mit 12 Jahren aufs Gymnasium in Glogau und anschließend auf das Matthias-Gymnasium in Breslau geschickt; dieses musste er jedoch als Tertianer verlassen, um in der väterlichen Apotheke eine Apothekerlehre zu absolvieren.
Nach erfolgreich (mit Auszeichnung) abgelegter Gehilfenprüfung wechselte er 1820 zu Onkel Poleck nach Neisse an die von seinem Großvater Johann Georg Göppert gegründete Bergapotheke. Dort wurde ihm indessen rasch klar, dass er im Apothekerberuf auf Dauer keine Befriedigung finden würde, und er erwirkte schließlich beim Vater, seine gymnasiale Ausbildung fortsetzen und mit dem Abitur abschließen zu dürfen, um dann Medizin zu studieren. Entscheidend dafür war wohl, dass ein jüngerer Bruder in der Zwischenzeit die Apothekerlehre begonnen hatte und so der Erhalt der Sprottauer Apotheke im Familienbesitz gesichert schien.
Mit dem bestandenen Abitur begann Heinrich Robert im Herbst 1821 an der Universität Breslau Medizin zu studieren. Dekan der Medizinischen Fakultät war Ludolph Christian Treviranus, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens, dem Göppert schon bei Abnahme der Apothekergehilfenprüfung aufgefallen war und der ihn fortan unter seine Fittiche nahm.
1825 schloss er das Medizinstudium in Berlin mit der Promotion ab und ließ sich im Jahr darauf in Breslau als praktischer Arzt, Operateur und Augenarzt nieder, als der er über 20 Jahre lang tätig war. Hervorzuheben ist sein hingebungsvoller Einsatz bei der Bekämpfung der 1831 in Breslau ausgebrochenen Cholera.
In der schlesischen Landeshauptstadt erklomm er dann die weiteren Sprossen seiner wissenschaftlichen Karriere:
Bereits 1827 hatte er die Habilitation an der Medizinischen Fakultät der Hochschule erlangt und war 1830 Lehrer an der Medizinisch-Chirurgischen Lehranstalt geworden. 1831 folgte seine Ernennung zum außerordentlichen und 1839 zum ordentlichen Professor der Medizin. 1852 wechselte Göppert auf die Professur für Botanik und wurde Direktor des Botanischen Gartens, für den er schon 25 Jahre lang als Konservator tätig gewesen war. Diese Tätigkeit ließ ihn bis zu seinem Tod im Jahr 1884 nicht los. Zwischendurch (1846/47) bekleidete er auch das Amt des Rektors der Universität.
Ich komme zum 4. Gliederungspunkt, den ich überschrieben habe mit
Lob der ländlichen Herkunft.
Anlässlich Göpperts 50. Doktorjubiläum im Jahr 1875 nahmen seine Studenten die ländliche Herkunft ihres Lehrers und seine ursprüngliche Bestimmung als »Pillendreher« in einem liebenswürdigen Spottvers aufs Korn:
In Sprottau, einem kleinen Nest,
da konnte man ihn sehen,
da musst’ er bis zum Tagesrest
aus Teufelsdrecke dick und fest
die schönsten Pillen drehen.
Ein anderer großer Sohn Sprottaus, der Schriftsteller (Romancier, Theaterdichter, langjähriger Direktor des Wiener Burgtheaters, Literaturhistoriker und Herausgeber) Heinrich Laube (6 Jahre jünger als Göppert und im gleichen Jahr wie er, 1884, in Wien gestorben), der auch in die Fremde hinausgezogen und nicht mehr heimgekehrt ist (allerdings auch in einem ihm zu Ehren errichteten Denkmal 50 Jahre gegenwärtig war), wusste die am eigenen Leib erfahrenen Vorzüge der kleinstädtischen, ländlichen Herkunft zu schätzen und in seinen Lebenserinnerungen trefflich zu beschreiben. An einer Stelle dieser Lebenserinnerungen heißt es da:
Ich finde es vorteilhaft für jeden jungen Menschen, in so beschränkten Landstädtchen aufzuwachsen, wo Ackerbau und Gewerbe vorherrsch[t]en; er bleibt der Natur nahe, er gewinnt wirkliche Einsicht in die Bedürfnisse des einfachen Menschen, in die Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche erforderlich sind zum Kampf ums Dasein; in die Großstädte mit größeren Gesichtspunkten kommt er später zeitig genug – und er kommt dann mit einer sehr wertvollen organischen Grundlage dorthin.
Der Text scheint wie auf Göppert gemünzt. Dazu muss man wissen, dass Göppert, wie schon angedeutet, kein Schreibstuben-Gelehrter war, sondern ein der Welt zugewandter Wissenschaftler, der seine Landsleute an den Erkenntnissen seines Faches teilhaben ließ durch populärwissenschaftliche Vorträge, Exkursionen in Feld und Wald, ins Gebirge und unter Tage.
5. Zu Göpperts Popularität
Als wichtige Grundlage seiner Arbeit und Ort zur Veranschaulichung wissenschaftlicher Erkenntnisse diente ihm der Botanische Garten der Universität im Herzen der Stadt Breslau; in ihm war er fast 60 Jahre lang tätig – 32 Jahre als dessen Leiter. In dieser Zeit hat er den Garten voll zur Entfaltung gebracht und ihm seinen Stempel aufgedrückt; noch heute sind die Spuren von Göpperts Wirken darin unübersehbar. Ergänzend dazu hat er als erster in Deutschland ein Botanisches Museum und das Museum des/seines Botanischen Gartens geschaffen. Daneben half er mit, den Schlesischen Forstverein zu gründen sowie das Monopol der Universität Berlin auf Abhaltung der pharmazeutischen Staatsprüfungen zugunsten von Breslau zu durchbrechen und die Pharmazie als eigenständiges Studienfach an der Universität Breslau zu etablieren.
Beinahe 40 Jahre stand Göppert außerdem der »Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur« vor, einer Vereinigung zu belehrender Unterhaltung und zu gemeinschaftlichen Untersuchungen wissenschaftlicher und gemeinnütziger Gegenstände (wie es im Programm der Gesellschaft heißt). Als Präses dieser Gesellschaft nahm er wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung und Pflege der öffentlichen Anlagen (in Breslau Promenaden genannt) und setzte sich auch erfolgreich für die Errichtung eines Kunstmuseums und einer Kunstakademie in der Landeshauptstadt ein.
Wenden wir uns nun
6. Göpperts Bedeutung als Wissenschaftler zu
und hören zunächst das Urteil des durch Göppert geprägten 28 Jahre jüngeren Breslauer Botanikers und großen Mikrobiologen Ferdinand Julius Cohn (eines Zeitgenossen von Louis Pasteur und Robert Koch von gleichem Rang):
Göppert ist einer der ersten Streiter gewesen, welche Deutschland, das bis zum ersten Drittel unseres [des 19.] Jahrhunderts in den Naturwissenschaften hinter den übrigen Culturvölkern zurückgeblieben war, diesen ebenbürtig gemacht und im Verlaufe des zweiten Drittels der deutschen Wissenschaft die unbestrittene Hegemonie erkämpf haben. … Am meisten unter allen Naturwissenschaften war in Deutschland die Botanik zurückgeblieben … und beschränkt … auf die dürre Sammlung und Beschreibung der Pflanzenspecies ...
Göppert hingegen sah – den Einsichten seines Förderers Treviranus folgend – in der Pflanze ein den Gesetzen der Physik und Chemie unterworfenes Lebewesen; seine Physiologie und Struktur suchte er mit Hilfe exakter Experimente und mikroskopischen Untersuchungen zu ergründen. Sein besonderes Interesse galt dabei den Pflanzen des Karbon (der Steinkohlezeit) im Vergleich mit denen der Gegenwart und der Frage nach den Abstammungsverhältnissen. Am eindrucksvollsten war bspw. der Nachweis …, dass alle die unermesslichen Steinkohlelager aus urweltlichen Mooren hervorgegangen sind, dass sie ganz allein und ausschließlich aus den Ueberresten einer Vegetation von unbegreiflicher Ueppigkeit … bestehen, die nicht … durch Feuersgewalt verkohlt [wie man früher annahm], sondern im Laufe ungezählter Jahrtausende unter dem Druck gewaltiger Wasser- und Gesteinsmassen langsam vermodert ist (F. J. Cohn).
Rund 100 Publikationen widmete Göppert der anatomischen Struktur fossiler Hölzer; und mit dem Mikroskop entdeckte er in jedem beliebigen Steinkohlestück ein Herbarium der Vorwelt. Gleiches sah er im Bernstein, mit dem und mit den darin eingeschlossenen Pflanzenresten er sich intensiv befasste und so den Ursprung des Bernsteins als Harz tertiärer Nadelbäume erklären konnte.
Kein Wunder, dass zahlreiche wissenschaftliche Vereinigungen des In- und Auslands Göppert als Mitglied in ihre Reihen beriefen und ihm diverse Orden und Auszeichnungen verliehen. Eine seltene Auszeichnung ist es indes, eine Familientradition begründet zu haben, die bis zum heutigen Tag viele Wissenschaftler in ununterbrochener Folge aufweist – z. B. Göpperts Urenkelin Maria Göppert-Mayer, Nobelpreisträgerin im Fach Physik des Jahres 1963 – bis zu den hier anwesenden Professoren Marquardt, welche Enkel einer von Göpperts Enkelinnen sind.
Lassen Sie mich 7. enden mit einer
Empfehlung und einer Bitte:
Bei einem künftigen Breslau-Aufenthalt sollten Sie unbedingt Göpperts langjährige Wirkungsstätte aufsuchen, den auf der Dominsel hinter der Kreuzkirche gelegenen wunderschön angelegten Botanischen Garten; er weist noch immer die Grundstruktur auf, die Göppert ihm gegeben hat, und atmet seinen Geist. Besonders aufmerksam machen möchte ich bspw. auf das Modell der Steinkohleschichten des Waldenburger Kohlenreviers en miniature, zu dem eine neuerdings nach Göppert benannte Allee hinführt.
An der Hauptallee des Gartens (die man von der ul. Kanonia, der früheren Göppertstraße, bzw. der ul. Sienkiewicza betritt) werden Sie auch auf das im letzten Jahr Göppert zu Ehren errichtete Denkmal stoßen und Vergleiche anstellen können. Das Breslauer Denkmal wurde in etwa dem vor dem Krieg an der Promenade hinter dem Architekturmuseum situierten Denkmal nachempfunden. Das hiesige Denkmal mit dem originalen Steinsockel und der von Tomasz Górnicki neu gestalteten Bronzebüste braucht, wie wir gleich mit eigenen Augen sehen werden, keinen Vergleich zu scheuen. Den Namen des Bildhauers – das darf ich mit Respekt anfügen – sollte man sich merken.
Möge auf Ihr Denkmal bezogen das gelten, was der seinerzeitige Oberbürgermeister Ferdinand Friedensburg 1887 bei der Enthüllung des Breslauer Denkmals versichert hat: Die Stadt werde … das Denkmal in treuer Obhut halten, das uns ein Denkzeichen an den Mann sein soll, der sich so unsterbliche Verdienste um Breslau, um die Provinz, um die Wissenschaft erworben und dem die Stadt durch Verleihung des Ehrenbürgerrechts … ihren Dank ausgedrückt hat.
Göppert war auch Ehrenbürger von Sprottau, was auf der dem Denkmal beigefügten Tafel festgehalten ist.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und dem Himmel dafür, dass das sonnige Wetter trotz ungünstiger Prognosen angehalten hat.
Erschienen in:
»SCHLESIEN HEUTE« 8/2015, Senfkorn-Verlag A. Theisen, Görlitz
Die Wiedererrichtung des Göppert-Denkmals hat auch auf der Website von Szprotawa/Sprottau ihren Niederschlag gefunden unter
http://www.szprotawa.pl/pl/2161/heinrich-robert-g-sppert-znow-w-szprotawie.html (selbstverständlich in polnischer Sprache).
Unter der dort unterstrichen wiedergegebenen Textzeile Do pobrania przemówienie Pana N. Willisch. steht die Rede von N. Willisch in polnischer Sprache.
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