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Ausstellungs-
Ankündigung

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Ausstellungs-Eröffnung
in Breslau

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Bilder | Startseite


Mit Nadel und Säure
Radierungen von Christian Mischke im Alten Rathaus
von Breslau

Vom 13. Mai bis 12. Juni 2011 wird der 1944 im schlesischen Grünberg (jetzt Zielona Góra) geborene, in Nürnberg aufgewachsene, zum Kunsterzieher an Gymnasien ausgebildete und seit 1973 in München als freischaffender Künstler lebende Christian Mischke einen Quer­schnitt seines graphischen Werks im historischen Rathaus von Breslau ausstellen. Schirmherr der Ausstellung ist der Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Breslau. Die Aus­stel­lungseröffnung findet während des Jahrestreffens der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Universität Breslau anlässlich ihres 10jährigen Bestehens statt.

Zu sehen werden Radierungen und Farbradierungen aus allen Schaffensperioden des Künst­lers sein, die in der Regel thematisch geordneten Bilderfolgen – Zyklen – entnommen sind. Am Anfang steht der Zyklus »Melencolia II«, in dem der Künstler auf den berühmten Kupferstich »Melencolia I« von Albrecht Dürer Bezug nimmt und damit seine Verehrung für den Nürnberger Meister zum Ausdruck bringt. Daran schließen sich einige aus kleinformatigen Kalenderblatt-Zeich­nun­gen hervorgegangene »Monatsblätter« an sowie unter dem Titel »Nymphae Danubii – Hom­mage à Albrecht Altdorfer« eine Folge von in eine Fluss- alias Donauland­schaft hineinversetzten Nymphen. Es folgen die von Reisen ins europäische Aus­land sowie in den Nahen und Fernen Osten inspirierten »Nachtlandschaften« (wobei Nacht für dunkel und geheimnisvoll steht) sowie der »Aus China« überschriebene Zyklus, in dem jedem der acht Bilder ein Sprichwort zugeordnet ist; die dort zu finden­den Zitate von Konfutse – Wohin du auch gehst, geh mit deinem ganzen Herzen – und von Jorge Luis Borges – Die älteste Kunst ist der Traum – lassen auf Mischkes Lebenseinstellung und seine künstlerische Kraftquelle schließen. Breiten Raum nehmen die »Variationen über das Ginkgoblatt« ein, das mit Goethes Gedicht Ginkgo biloba aus dem »West-östlichen Divan« Aufnahme in die deutsche Literatur gefunden hat und wegen seiner zweigeteilten Form als Sinnbild für Liebe und Freundschaft gilt.

Eine Besonderheit sind die auf Mischkes ’Schwäche’ für das Kartenspiel hindeutenden Serien phantasievoller »Spielkarten«, deren jüngste, zu der er sich von einem bewunderten mittelalterlichen Kartenspiel anregen ließ, in der Ausstellung gezeigt wird. Mit 24 Exemplaren ist die Kunstgattung des »Exlibris«, der Bucheignerzeichen, die im Lauf der Jahre für ihm naheste­hende Buchfreunde entstanden sind, stark vertreten. Dem Exlibris und seiner Tradition in Schlesien hat gerade das Städtische Museum Breslau in den letzten Jahren mehrere Ausstel­lun­gen gewidmet. Aus Gebrauchsgraphiken im besten Sinn des Wortes besteht auch die dargebotene kleine Sammlung von »Neujahrskarten«.

Wichtige Impulse für den Schaffensprozess bezog und bezieht Christian Mischke aus der Fas­zination, die literarische Texte, Erzählungen und Märchen auf ihn aus­üben. Der abgebildete »Märchenerzähler« vermittelt etwas von dem Zauber der Geschichten aus »Tausendundeine Nacht« und eigenen Reiseerlebnissen in der Welt des Orients. Der Künstler ist auch als Buch­illustrator resp. Interpret literarischer Texte, wie er seine Tätigkeit besser beschreiben würde, hervorgetreten. Die Ausstellung bietet einen Einblick in die zwischen 1987 und 1991 entstan­de­nen 44 Radierungen »Zu Eichendorff«, die für eine sechsbändige Eichendorff-Ausgabe des Bergstadtverlags bestimmt waren; die davon erschienenen drei Bände stellen wegen der in ihnen wiedergegebenen Radierungen mittlerweile eine bibliophile Rarität dar. Das trifft eben­falls auf die mit 13 Graphiken ausgeschmückte, 2008 in limitierter Auflage herausgekom­mene und im Nu vergriffene Novelle »Unordnung und frühes Leid« von Thomas Mann zu; die Bilder werden allesamt ausgestellt sein.

Bleibt noch zu erwähnen, dass der Transport des umfangreichen (bereits gerahmt und hinter Glas zur Verfügung gestellten) Ausstellungsgutes durch eine Zuwendung aus Bundesmitteln im Rahmen der Projektförderung nach § 96 BVFG (Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsge­setz) ermöglicht wurde; dafür ist dem Kulturreferenten für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz zu danken.

Die Ausstellung im Breslauer Rathaus wird uns und den polnischen Schlesiern einen Künstler vorstellen, an dem man einiges von dem entdecken kann, was Gustav Freytag in seinen »Bildern aus der deutschen Vergangenheit« zur Charakterisierung des Schlesiers gesagt hat: Zu ernster, versponnener Anlage kam dem Schlesier etwas von der leichten Sorglosigkeit der Slawen und von ihrer Virtuosität, die ganze Lebenskraft im Genuß des Augenblicks zu konzentrieren. Daraus entstand ein lebhaftes Volk von gutmütiger Art, heiterem Sinn, genügsam, höflich und gastfrei, eifrig und unternehmungslustig … sehr geneigt, Fremdes auf sich wirken zu lassen …

Schon jetzt sei darauf hingewiesen, dass es auch und insbesondere gelungen ist, die Über­nahme der Ausstellung durch das Museum des Lebuser Landes in Mischkes Geburtsstadt Grünberg einzufädeln; dort wird sie vom 18. November 2011 bis 15. Januar 2012 gezeigt werden, um anschließend nach Königswinter an das Museum für Schlesische Landeskunde im Haus Schlesien zu gehen.




Erschienen in:
»SCHLESIEN HEUTE« 5/2011, Senfkorn-Verlag A. Theisen, Görlitz.



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