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Bundesverdienstkreuz am Bande für die aus Schlesien stammende Schriftstellerin Monika Taubitz aus Meersburg am Bodensee

Da es mir im Falle der Schriftstellerin Monika Taubitz aus verschiedenen Gründen nicht möglich war, über ihre Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz öffentlichkeitswirksam zu berichten, wird hier - anstelle des üblichen Zeitschriftenartikels - die Zusammenstellung der aus Sicht des Bundespräsidialamts maßgeblichen Gründe für die Auszeichnung wiedergegeben:

Frau Monika Taubitz setzt sich seit vielen Jahren für die deutsch-polnische Verständigung ein. Ab 1958 absolvierte sie am Pädagogischen Institut in Weingarten eine Ausbildung zur Grund- und Hauptschullehrerin.

Hervorgetreten ist Frau Taubitz erstmals als Schriftstellerin mit dem Gedichtband »Fallende Sterne« (1968). Drei Jahre später erschien die Novelle »Schatten über dem Brunnen«. Die Eindrücke einer Reise in ihre alte schlesische Heimat veröffentlichte sie 1973 in »Schlesien – Tagebuch einer Reise«. 1974 und 1976 erschienen weitere Gedichtbände. Mit dem Roman »Treibgut« setzte sie 1983 die Aufzeichnung ihrer Kindheitserinnerungen fort. Geschildert werden die Ankunft mit einem Vertriebenentransport in der Wesermarsch im März 1946 und das entbehrungsreiche Leben in Sammellagern und einfachsten Unterkünften. Es folgten weitere Erzählungen, Romane, ein Bildband, Gedichte und ein Hörspiel, für das sie vom Ostdeutschen Kulturrat 1981 ausgezeichnet wurde. Mit zahlreichen Lyrik- und Prosabeiträgen ist sie in maßgeblichen Anthologien vertreten.

Ihr literarisches Werk ist durch die Übersetzung ins Polnische wie auch durch ihre regelmäßige Teilnahme an deutsch-polnischen Literaturtreffen der Öffentlichkeit in Polen zugänglich. Bei kulturellen Veranstaltungen wirbt sie für die gegenseitige Anerkennung und Verständigung. Aufgrund ihres Engagements und ihrer Botschaft erfährt sie in Schlesien hohe Anerkennung und Wertschätzung. Ihre Vorträge und Lesungen an verschiedenen schlesischen Universitäten tragen zur Unterstützung der dortigen Germanistik-Fakultäten bei und sie gilt in der polnischen Germanistik als wichtige Vertreterin der Vertreibungsliteratur. Ihr Wirken findet auch in der polnischen Presse Anklang und trägt so zu einem positiven Deutschlandbild bei.

1978 erhielt Frau Taubitz den vom Wangener Kreis ausgelobten Eichendorff-Literaturpreis verliehen. Der Wangener Kreis - Gesellschaft für Literatur und Kunst des Ostens e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, schlesische Kultur und Geschichte zu bewahren und zu fördern. Als Beisitzerin, Mitglied des Vorstands und als Vorsitzende des Wangener Kreises von 1996 bis 2011 hat sie sich mit hohem persönlichem Engagement für die Ziele des Vereins eingebracht. 2011 wurde sie zur Ehrenvorsitzenden ernannt. Als Vorsitzende organisierte Frau Taubitz jährlich die in Zusammenarbeit mit der Stiftung Kulturwerk Schlesien und der Stadt Wangen stattfindenden Wangener Gespräche sowie weitere 12–15 Lesungen, Vorträge und Einführungen.

Sie entwickelte die Idee für Schlesienfahrten, um Interessierten die Schönheit der schlesischen Landschaft zu zeigen und ein Kennenlernen der östlichen Nachbarn zu ermöglichen. Die Kontaktpflege zu jungen polnischen Wissenschaftlern, Schriftstellern und Künstlern betrachtete sie als Herzensangelegenheit. So konnte sie diesen Personenkreis als Referenten für Vorträge gewinnen. Mit ihrem Engagement für den Wangener Kreis, ihrem literarischen Werk, ihren vielfältigen Kontakten in Breslau sowie Vorträgen an der dortigen Universität trägt sie seit vielen Jahren zur Völkerverständigung zwischen Deutschen und Polen bei.

Des Weiteren hat Frau Taubitz zusammen mit Frau Anne Wachter den Grundstock für das Vereinsarchiv gelegt und dadurch eine dokumentarische Ausstellung zum 50jährigen Jubiläum des Wangener Kreises im Jahr 2000 erst ermöglicht. Ferner ist es ihrem Engagement zu verdanken, dass 2012 in Salem eine Ausstellung mit Werken des in Breslau geborenen Künstlers Walter Eberhard Loch (1885–1979) zustande kam.

Darüber hinaus ist Frau Taubitz Mitglied in weiteren Organisationen wie die Künstlergilde e.V., Esslingen, das Kulturwerk Schlesien, Würzburg, die katholische Ackermann-Gemeinde und die Annette von Droste-Gesellschaft. Ihren Beruf als Lehrerin hat Frau Taubitz immer als Berufung verstanden. Ihre Arbeit an der Sommertalschule Meersburg war von Schülern, Eltern, Kollegen und Schulleitung hoch geschätzt. Auch nach Schulschluss war sie eine Ansprechpartnerin, auf die sich alle verlassen konnten. Ein Erfolg ihrer pädagogischen Arbeit ist mit darin zu sehen, dass sie Schule und Unterricht nicht nur auf die Arbeit vor der Klasse bezog, sondern ihr auch die Einbeziehung des Umfeldes und die Verankerung der Schule im Gemeindeleben wichtig waren.





Im Anschluss daran sei anhand der einschlägigen Schriftsätze ausnahmsweise und exemplarisch Einblick in den (vor der Öffentlichkeit in der Regel verborgen gehaltenen) Anstoß des Ordensverfahrens und seinen Hergang gewährt:


Schreiben vom 2. August 2011 an den Innenminister Baden-Württembergs:

Erlauben Sie, dass ich eine Persönlichkeit Ihrer Aufmerksamkeit empfehle, die durch Wort und Tat im In- und Ausland – letzteres insbesondere in Polen – hohe Ehre für das Land Baden-Württemberg, ihre zweite Heimat, eingelegt hat. Ich meine die Schriftstellerin und langjährige Vorsitzende der nach der Stadt Wangen im Allgäu benannten Gesellschaft für Literatur und Kunst »Der Osten« e.V. (kurz Wangener Kreis), Frau Monika Taubitz aus Meersburg am Bodensee (PLZ 88709), Lehrenweg 23. Ihre bevorstehende Abgabe des seit 1996 innegehabten Vorsitzes in jenem Kreis von Autoren, Künstlern, Musikern und Wissenschaftlern mit Bezug zum historischen Deutschen Osten nehme ich zum Anlass, Ihnen – dem für grenzüberschreitende Kulturarbeit in und mit jenen Regionen zuständigen Regierungsmitglied – gegenüber anzuregen, Frau Taubitz für die Verdienste um das Land Baden-Württemberg und um Verständigung und Versöhnung mit den jetzigen Bewohnern ihrer ehemaligen schlesischen Heimat zur Auszeichnung mit dem Verdienstorden Ihres Landes vorzuschlagen.

Zur Information über das Leben und Wirken der Auszuzeichnenden sind beigefügt: Zu meiner Person: Ich bin ein um die Wahrung des schlesischen Kulturerbes bemühter ehemaliger Angehöriger des bayerischen Wissenschafts- und Kunst-Ministeriums, der Frau Taubitz kennt und schätzt, auch gelegentlich als Gast an den Wangener Gesprächen teilgenommen hat.



Auszug aus den Schreiben vom 3. und 8. Dezember 2011 an den Ministerialdirektor im Innenministerium Baden-Württemberg:

Für den Fall, dass die Auszeichnung mit dem Verdienstorden des Landes nicht möglich sein sollte (was schwer vorstellbar ist), bitte ich zu prüfen, ob nicht die Verleihung des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (einer leistungsadäquaten Stufe) in Betracht kommen könnte – und die dafür nötigen Schritte in die Wege zu leiten….

Lassen Sie mich im Nachgang zu meinem Brief vom 3. Dezember an Sie in o. g. Angelegenheit und ergänzend zu dem mit Schreiben vom 2. August übermittelten Lebensabriss von Frau Taubitz noch etwas zu ihrem dort auf Seite 1 unten beiläufig erwähnten »ehrenamtlichen Engagement im Droste-Museum« sagen: Wie ich von einer Kollegin von Frau Taubitz weiß, hat sie in besagtem (unter der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg stehenden) Museum im »Fürstenhäusle Meersburg« etwa zweieinhalb Jahrzehnte ehrenamtlich in der Ferien- und Freizeit gearbeitet, Tausende Führungen durchgeführt, Vorträge über Annette von Droste-Hülshoff gehalten, in der Verwaltung mitgeholfen und insbes. die Korrespondenz bezüglich der die Literatur betreffenden Anfragen erledigt. In dieser Zeit hat sie zwei (mittlerweile vergriffene) Gedicht-Anthologien mit Droste-Lyrik sowie als Geschenk zur 1000-Jahrfeier von Meersburg das literarische Lesebuch »Schön wie der Mond« herausgegeben, das auch in der Liste ihrer Buchveröffentlichungen aufgeführt ist. Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass sich das dort ebenfalls nachgewiesene Lyrikbändchen »Im Anschlag der Wellen« natürlich auf das »Schwäbische Meer«, den Bodensee, bezieht.

Dies zur Abrundung des Bildes von einer aus dem ehem. Osten Deutschlands stammenden, aber ganz in Baden-Württemberg angekommenen Autorin, die sich durch einen Ehrenerweis des Landes von diesem auch voll angenommen fühlen würde.



Aus der Antwort vom 7. Mai 2012 auf eine Rückfrage aus dem Landratsamt des Bodenseekreises:

Nachdem ich mich von der Konsternierung über den Stand und (Schnecken-)Gang des Ordensverfahrens für Frau Taubitz im grün-rot gewordenen Musterländle Baden-Württemberg und die Informationsdefizite über sie bei der zuständigen Kreisbehörde einigermaßen erholt habe, bestätige ich die schon fernmündlich gegebene Auskunft, dass Frau Taubitz den Wangener Kreis 15 Jahre lang geleitet hat (von 1996 bis 2011) und nenne Ihnen wunschgemäß einen polnischen Ansprechpartner, den Sie danach fragen könnten, wie er die Arbeit von Frau Taubitz und ihre Bemühungen um einen verständnisvollen, fruchtbaren Dialog zu seinem Land beurteilt – sofern Sie oder Ihre Behörde dies wirklich für nötig halten sollten. Ich denke dabei an Herrn Prof. Dr. hab. Edward Białek von der Universität Breslau/Wrocław, den Sie per E-Mail owatut_ebialek@telvinet.pl erreichen und auf gut Deutsch mit ihm korrespondieren können….



Antwort vom 6. Januar 2014 auf die Frage des Landrats des Bodenseekreises nach den Beweggründen für meine Ordensanregung – im Hinblick auf seine Laudatio zur Ordensübergabe am 9. Januar 2014:

Sehr geehrter Herr Landrat,

bei meiner früheren Tätigkeit in dem für Wissenschaft und Kunst zuständigen bayerischen Staatsministerium war ich es gewohnt, hervorragenden wissenschaftlichen oder künstlerischen Leistungen aus meinem Wirkungsbereich Beachtung zu schenken und ggf. ihre öffentlichkeitswirksame Würdigung anzuregen – sei es durch die Verleihung des Bundesverdienstordens, des Bayerischen Verdienstordens oder des Bayerischen Maximiliansordens für Wissenschaft und Kunst. Seit meiner Pensionierung habe ich mich auf außerdienstliche, Versöhnung stiftende Leistungen auf kulturellem Gebiet mit Bezug zu Schlesien (der nach dem Krieg polnisch gewordenen ehemaligen Heimat meiner Eltern) fokussiert und das Spektrum möglicher Ehrungen auf Medaillen und Plaketten sowie den Mérite Européen ausgedehnt.

Frau Monika Taubitz lernte ich vor Jahren bei einem Besuch des Droste-Museums in Meersburg kennen und schätzen; damals noch im staatlichen Schuldienst stehend, engagierte sie sich in der Ferien- und Freizeit ehrenamtlich für dieses Museum. Sodann begegnete ich ihr verschiedentlich auf Veranstaltungen der Stiftung Kulturwerk Schlesien in Würzburg und des Wangener Kreises (dessen Vorsitz sie jahrelang innehatte) sowie bei den Mitgliederversammlungen der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Universität Wrocław (Breslau) und nahm interessiert Anteil an ihrem immer umfangreicheren profilierten literarischen Schaffen, in dem sie ihre Erinnerungen an die angestammte Heimat Schlesien dingfest machte, aber auch Meersburg und den Bodensee bedachte. Um so erstaunter war ich, dass dies offenbar niemand aus dem »Ländle« für Wert zu erachten schien, Frau Taubitz für eine öffentliche Anerkennung/Auszeichnung ins Gespräch zu bringen (als Nebeneffekt einer solchen Ehrung erfährt auch immer die Herkunftsregion des Geehrten eine erfreuliche Aufmerksamkeit, wie man weiß).

Deshalb ergriff ich am 2. August 2011 die Initiative gegenüber dem u. a. für die Bewahrung des kulturellen Erbes der Vertriebenen zuständigen Innenminister des Landes Baden-Württemberg und empfahl Frau Taubitz – die durch Wort und Tat im In- und Ausland (letzteres insbes. in Polen) hohe Ehre für das Land Baden-Württemberg, ihre zweiten Heimat, eingelegt hat – seiner Aufmerksamkeit. Erleichternd kam hinzu, dass im Falle von Frau Taubitz kein ihr unmittelbar Vorgesetzter zu beteiligen und von ihrer Auszeichnungswürdigkeit zu überzeugen war, was mitunter nicht ganz einfach ist, insbesondere dann, wenn dieser selbst noch keine der in Betracht gezogenen Auszeichnungen erhalten hat. Dem vorgenannten Schreiben ließ ich im Dezember 2011 zwei ergänzende Mitteilungen folgen. Schließlich konnte ich am 7. Mai 2012 noch eine im Zuge des Ordensverfahrens an mich gerichtete Rückfrage aus Ihrem Amt beantworten; darüber dürften Sie aber im Bilde sein…

Freundlich grüßend bin ich
Ihr N. Willisch

PS: Ich erhole mich gerade von einer Virusinfektion, die mir die Reihe schöner Festtage, die hinter uns liegt, vergällt hat.
Von Frau Taubitz bin ich über die bevorstehende Ehrung in Meersburg im Bilde und beglückwünsche sie und Sie zu der stilvollen Form, die dafür gefunden wurde (jedenfalls keine Auszeichnung im Vorübergeh’n).
Die Stadt Meersburg hat mich mit keiner Einladung beehrt. Ich fände es ohnehin unpassend, der Ordensübergabe beizuwohnen und mich eventuell auch noch als »Starthelfer« apostrophieren zu lassen.

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