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Hervorragendes zur Wiedergewinnung der deutschen Identität geleistet
Bundesverdienstkreuz für Bruno Kosak aus dem oberschlesischen Cosel/Kędzierzyn-Koźle

Bundespräsident Joachim Gauck hat den ehemaligen Abgeordneten der deutschen Minderheit im polnischen Parlament (Sejm) und langjährigen Vertreter dieser Volksgruppe im Oppelner Landtag (Sejmik) Bruno Kosak in Anerkennung der besonderen Verdienste um die deutsche Minderheit in Oberschlesien und die Verständigung mit der polnischen Mehrheitsbevölkerung mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Der Orden wurde ihm am 24. Mai 2016 von der Generalkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Breslau, Frau Elisabeth Wolbers, in feierlichem Rahmen an ihrem Dienstsitz überreicht.

An dem Festakt nahmen zahlreiche Freunde und Weggefährten Kosaks teil, u. a. der momentan einzige Vertreter der Deutschen im Sejm Ryszard Galla, ferner der Vorstandsvorsitzende des (Dach-)»Verbands der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG)« Bernard Gaida und der Vorsitzende der »Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen (SKGD) im Oppelner Schlesien« Rafał Bartek – zwei »Gesellschaften«, deren Geschicke der Ordensträger einst selbst maßgeblich mitbestimmt hat – sowie der SKGD-Vorsitzende in der Woiwodschaft Schlesien (früher Kattowitz) Marcin Lippa, der Vize-Landrat des Kreises Kędzierzyn-Koźle Józef Gisman und weitere prominente Angehörige der deutschen Volksgruppe.

Bruno Kosak wurde am 16. Juni 1936 in Eichendorffmühl, nahe von Eichendorffs Geburtsort Lubowitz, Kreis Ratibor, geboren. Sein Vater war Lehrer und versah den Organistendienst an der Dorfkirche. Dem Knaben war es vorbehalten, andächtig und stolz auf der Orgelbank neben seinem Vater zu sitzen oder als Messdiener das Rauchfass am Altar zu schwingen. In dieser dörflichen Idylle besuchte er die (deutsche) Volksschule, trat aufs (polnisch gewordene) Gymnasium in Oppeln über und ging nach dem dort abgelegten Abitur zur beruflichen Ausbildung auf das Lehrerseminar in Ratibor. Als Lehrer unterrichtete er anfangs drei Jahre an der Grundschule in Stoeblau, Kreis Cosel, und wurde dann an die Grundschule Nr. 2 in Cosel versetzt, an der er – mit Unterbrechungen – 22 Jahre tätig war, zuletzt als Schulleiter. Zwischendurch hatte er eine Amtsperiode lang den Vorsitz im Stadtrat von Cosel inne. Für sein pädagogisches Geschick wurde er sogar vom polnischen Bildungsministerium ausgezeichnet.

Das bewahrte ihn jedoch nicht davor, aus dem Lehrerberuf entlassen zu werden (mit einschneidenden Folgen für seine Frau und seine vier Kinder), als er 1987 um die Erlaubnis zur Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland nachsuchte. Besonders verstörend empfand er es, dass viele ehemalige Berufskollegen sich von ihm abwandten. Bis man ihm schließlich die Beschäftigung in einem Kinderheim erlaubte, konnte er sich nur dank der Hilfe seiner Mutter, von Tanten sowie der westdeutschen Verwandtschaft über Wasser halten.

Bruno Kosak hat sich durch ein langjähriges und intensives Engagement für die Belange der deutschen Minderheit in Polen verdient gemacht. Neben der Tätigkeit in den schon genannten Institutionen und Organisationen der Selbstverwaltung war er auch Mitbegründer und zeitweise Vorsitzender der »Deutschen Bildungsgesellschaft«, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Kenntnisse in der deutschen Sprache und das Wissen um die deutsche Kultur zu fördern; und seit Jahren gehört er dem sog. Kuratorenrat des Oberschlesischen Eichendorff-Kultur- und -Begegnungszentrums in Lubowitz an, seit 2013 ist er dessen Vorsitzender.

In all seinen Funktionen lag und liegt Bruno Kosak besonders daran, der jungen Generation – in Kindergärten und Schulen – die Kenntnis der deutschen Sprache zu vermitteln und ihren Gebrauch in den Reihen der Volksgruppe zu festigen. Damit leistet er einen hervorragenden Beitrag zur Wiedergewinnung der deutschen Identität, ohne die die Zukunft der deutschen Minderheit in Polen infrage steht (so wörtlich in der Ordensbegründung).

Als Mittel dazu dienten ihm die Durchführung von Kinderfreizeiten und -ferienlagern, der unermüdliche Einsatz für deutsche Messen in den Kirchen, die Pflege des deutschen Liedguts in Kirchen und Laienchören (er selbst ist Mitglied des Coseler Kirchenchors und des Klodnitzer Chors »Heimatklang«). Seit Jahrzehnten hält er regen Kontakt zu den Vertriebenenverbänden in Deutschland, insbesondere in Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen, bei denen er ein gern gesehener Gast, Referent und Festredner ist, und die er bei der Organisation von Fortbildungsseminaren für Deutschlehrer/-lehrerinnen unterstützt. Außerdem setzte er sich für die Restaurierung von Kirchen, die Instandsetzung von Orgeln sowie die Renovierung von Denkmälern aus deutscher Zeit ein. Als Mitbegründer des »Oberschlesischen Ärzteverbandes« und Vorstandsmitglied in der »Wohltätigkeitsgesellschaft der Deutschen in Schlesien« liegen ihm auch die Belange der Alten, Kranken und Bedürftigen am Herzen – ohne Ansehen von Nationalität oder Konfession.

In der Ordensbegründung wird noch ein weiteres Verdienst thematisiert; es heißt da: Bruno Kosak leistet vor allem bei der Überwindung von Meinungsverschiedenheiten zwischen der deutschen und polnischen Volksgruppe immer wieder Vorbildliches. Seinen Erfahrungen und seinem einfühlsamen und konzilianten Wesen ist es zu verdanken, dass aufkeimende Konflikte im Zusammenleben der Volksgruppen im Interesse der deutsch-polnischen Verständigung und Aussöhnung gelöst werden können.

In seinen Dankesworten kam Bruno Kosak nicht umhin, auch seinem großen Unbehagen Ausdruck zu geben über die geringe Resonanz aller Bemühungen um den Fortbestand der deutschen Volksgruppe bei ihren Mitgliedern: Ihnen fehle es, so seine Diagnose, ganz einfach an Stolz: Stolz – ohne Überheblichkeit – auf die schlesische Heimat und die Generationen von Vorfahren, die das Land geprägt und so viel zur Schatzkammer der nationalen wie europäischen Geistesgeschichte (in Wissenschaft, Kunst, Literatur, Technik) beigetragen haben; dessen sei man sich zu wenig bewusst. Wörtlich: Wann wird die deutsche Volksgruppe zu der Überzeugung gelangen und stolz darauf sein, dass hier nicht nur die Steine Deutsch sprechen? Zuweilen beschleiche ihn die Sorge, ob er denn selbst alles getan habe, um von seinem bescheidenen Wissen möglichst viel weiterzuvermitteln….


Erschienen in:
»SCHLESIEN HEUTE« 7/2016, Senfkorn-Verlag A. Theisen, Görlitz

»Schlesischer Kulturspiegel« 3/2016 der Stiftung Kulturwerk Schlesien, Würzburg
(in verkürzter Fassung).

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