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Wolfgang Globisch – »Symbolfigur der deutsch-polnischen Verständigung«
Zur Auszeichnung des Geistlichen mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse

Am 17. Februar 2010, Aschermittwoch, konnte Prälat Wolfgang Globisch, der Bischofsbeauftragte für die Minderheitenseelsorge in der Diözese Oppeln (Opole), das ihm von Bundespräsident Horst Köhler verliehene Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstoordens der Bundesrepublik Deutschland im deutschen Generalkonsulat Breslau (Wrocław) entgegennnehmen. Die feine Symbolik, die in der Ordensübergabe gerade an diessem Tag steckt, an dem die katholische Kirche die Gläubigen zur Gemahnung an ihre Vergänglichkeit mit Asche bekreuzigt, dürfte den Geehrten besonders gefreut haben, versteht er sich doch in erster Linie als selbstloser, demütiger Diener Gottes und der Kirche.

In der Begründung für die Auszeichnung mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse – der dritten Ordensstufe nach der Verdienstmedaille und dem Verdienstkreuz am Bande – wird Prälat Globisch eine »Symbolfigur der deutsch-polnischen Verständigung und Aussöhnung, der Seelsorge der katholischen Kirche für die deutsche Minderheit und die der Roma sowie für die Pflege und Weiterentwicklung der deutschen Kulturarbeit« genannt. Im Blick stehen dabei insbesondere drei von ihm ins Leben gerufene Einrichtungen und Veranstaltungen:

Um die Bedeutung, die Prälat Globisch für den Zusammenhalt der deutschen Volksgruppe in Oberschlesien und den Erhalt ihrer sprachlich-kulturellen Identität hat, besser würdigen zu können, sollte man zusätzlich einige Facetten seines Lebens und Wirkens kennen. Geboren und aufgewachsen ist er in Sakrau bei Oppeln. Nach dem Krieg war seine Familie wie viele andere den Drangsalierungen und Demütigungen durch polnische Milizen ausgesetzt, die ihr Hab und Gut wegnahmen und den Vater ohne triftigen Grund mehrfach inhaftierten, u. a. im berüchtigten Todeslager Lamsdorf; an den dabei erlittenen gesundheitlichen Schäden ist er früh verstorben. Für den Sohn vielleicht der entscheidende Beweggrund, Priester zu werden und sein Leben in den Dienst der Mitmenschen und der Versöhnungsarbeit zu stellen.

Schon als junger Pfarrer hat er 1965 Kontakt zu der »Aktion Sühnezeichen« aufgenommen und die erste Gruppe »Friedensdienst« Leistender mit dem Fahrrad von Görlitz ins ehemalige Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau zu Gebet und Arbeit begleitet. In den Folgejahren initiierte er als Ministranten-Seelsorger der Diözese die Sternsinger-Aktionen des bekannten Kindermissionswerks. Nach Abschüttelung des kommunistischen Jochs im Land und Erlangung des Minderheitenstatus’ der deutschen Volkgruppe in Oberschlesien fand er zu seiner Lebensaufgabe als leitender Seelsorger für die deutsche Minderheit an der Seite des Diözesanbischofs.

In dieser Funktion hat Wolfgang Globisch gleich zu Beginn der 1990er Jahre Richtlinien für die Minderheitenseelsorge erarbeitet. Für Priester, Organisten und Lektoren in den zweisprachigen Gemeinden wurden Sprachkurse durchgeführt und »Hilfen für den Gottesdienst« an Sonn- und Feiertagen erstellt. Aufbauend auf Vorarbeiten von Prof. Piegsa von der Universität Augsburg und mit Unterstützung der Deutschen Bischofskonferenz gelang es sodann, das zweisprachige Gebet- und Gesangbuch »Weg zum Himmel – Droga do Nieba« herauszubringen und in allen zweisprachigen Gemeinden einzuführen, so dass die Deutsch sprechenden Landsleute den Gottesdienst in der »Sprache des Herzens« feiern können, ohne dass die polnischen Mitbürger sich ausgeschlossen fühlen müssen. Ein ebenfalls zweisprachiges Gebet- und Gesangbuch für Kinder folgte. Mittlerweile gibt es auch das zusammen mit dem Regens des Priesterseminars redigierte Liederbuch »Stimme des Herzens« mit den bekanntesten deutschen und polnischen Volks-, Wander-, Kinder- und geistlichen Liedern; sie liegen zum leichteren Erlernen weniger geläufiger Texte und Melodien zudem auf Kassetten vor.

Um den Erhalt der deutschen Sprache in der Kirche rechtlich und pastoral abzusichern, wurden auf Globischs Betreiben die wichtigsten Anliegen der Minderheitenseelsorge in den 2005 verabschiedeten Statuten der 1. Diözesansynode verankert; ihre Einhaltung überwacht ein aus Geistlichen und Laien bestehender »Rat für die Seelsorge der Minderheiten« unter seinem Vorsitz. Den Vorständen der »Deutschen Freundschaftskreise« (DFK) wurde die Wichtigkeit ihres Engagements für regelmäßige deutschsprachige Gottesdienste bei verschiedenen Treffen und in Einkehrtagen bewusst gemacht. Der jeweils zweite Sonntag im Juni hat nunmehr als »Tag der Minderheiten« Eingang in den liturgischen Kalender der Diözese gefunden.

Der monatlich erscheinende Pfarrbrief »Die Heimatkirche« (bislang 113 Nummern) informiert über die Minderheitenseelsorge sowie über kulturelle Veranstaltungen in der Zentralbibliothek, die dort in reicher Zahl angeboten werden. Im ersten Halbjahr 2010 beispielsweise Vorträge über Helmuth James Graf von Moltke zum 65. Todestag, Bischof Maximilian Kaller, die evangelische Samariterin Eva von Tiele-Winckler, über den Oppelner Afrikaforscher Eduard Schnitzler, den Oberpräsidenten Oberschlesiens Hans Lukaschek, die Gräfin Johanna Schaffgotsch, über Humor in der schlesischen Literatur, Schlesien in den Kindheitserinnerungen großer Schriftsteller oder über den neuen schlesischen Poeten Anton Strzedulla. Die junge Leserschaft wird durch Wettbewerbe mit kleinen und größeren Buchpreisen angesprochen.

Obwohl Prälat Globisch schon das 77. Lebensjahr überschritten hat und Erzbischof Nossol, dem er für die genannte seelsorgliche Aufgabe 20 Jahre zur Seite stand, seit einem halben Jahr emeritiert ist, waltet er auf Ersuchen des neuen Diözesanbischofs noch bis Mitte des Jahres seines Amtes. Vielleicht ist dabei ja mitbedacht worden, dass die deutsch-polnische Caritas-Zentralbibliothek in Oppeln Ende Mai d. J. zehn Jahre im dafür geschaffenen Gebäude bestehen wird und die obligate Feier dieses Jubiläums den passenden Rahmen für Globischs Verabschiedung bilden könnte…



Erschienen in:

»Oberschlesien« Nr. 4 vom 28. Februar 2010, Senfkorn-Verlag A. Theisen, Görlitz und St. Annaberg.

»SCHLESIEN HEUTE« 3/2010, Senfkorn-Verlag A. Theisen, Görlitz/Schlesien.

»Kulturpolitische Korrespondenz« Nr. 1290 vom 30. März 2010 der Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Europa – OKR
(leicht gekürzt unter der Überschrift »Gottes Stimme auf Deutsch in Schlesien« und mit dem Untertitel »Prälat Wolfgang Globisch erhält das Bundesverdienstkreuz«).

»Schlesischer Kulturspiegel« 1/2010 der Stiftung Kulturwerk Schlesien, Würzburg
(mit dem Untertitel »Prälat Wolfgang Globisch wurde für seine Minderheitenseelsorge und Vermittlungsarbeit mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet«).

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